< Previous28 Verena und Daniel Vonier „Menschen verlassen Führungskräfte, nicht Unternehmen.“ Eine Wahrheit, die mittlerweile weit über die Welt von Personalern hinaus bekannt ist, aber gerade in Zeiten allgegenwärtigen Arbeits- und Fachkräftemangels virulenter ist als je zuvor. Laut einer Studie des renommierten Marktforschungsinstituts Gallup nennen 70 % aller Mitarbeitenden direkt oder indirekt die Führungskraft als Grund für ihre Kündigung. Diese Zahl schmerzt sehr, insbesondere wenn die besten und klügsten Köpfe das Unternehmen verlassen. Alarmierend und zeitgleich eine riesige Chance für uns als Führungskräfte, haben wir es doch immerhin zu 70% selbst in der Hand, Fachkräfte und Talente in unseren Organisationen zu halten. 29 DOCH WIE MUSS GUTES UND EFFEKTIVES LEADERSHIP IM ZEITGEIST GESTALTET WERDEN? WELCHE QUALITÄTEN UND KOMPETENZEN MÜSSEN MENSCHEN IN FÜHRUNGSROLLEN INNEHABEN ODER ENTWICKELN, UM ERFOLGREICH IM AKTUELLEN KONTEXT NAVIGIEREN ZU KÖNNEN? FÜHRUNG IST KOMPLEX Die zunehmende Digitalisierung der (Wirtschafts-)Welt macht es möglich, immer vernetzter zu leben und zu arbeiten. Dadurch ent- stehen viele positive Effekte, welche wir nicht erst zu Zeiten der Pandemie zu schätzen gelernt haben. Doch das digitale, globali- sierte Leben bringt auch eine steigende Komplexität und Dynamik mit sich. Wir leben zunehmend in einer Welt, in der wir nicht sicher voraussagen können, was uns morgen erwartet. Um uns dennoch gut in einer solchen Umgebung zurechtzufinden, wird es immer wichtiger, dass wir anpassungs- und lernfähig bleiben. Dies gilt auf persönlicher, aber auch auf organisationaler Ebene. Damit diese Anpassungsfähigkeit integraler Bestandteil der Organisations- kultur wird, braucht es ein Umdenken von Unternehmenslenken- den, Führungskräften und Mitarbeitenden. Um diesen Prozess in Gang zu bringen, müssen wir zunächst der Komplexität die Tür öffnen und uns aktiv mit ihr auseinandersetzen. Der zentrale Hebel dabei ist, Führung neu und zukunftsfähig zu gestalten – denn so viel ist klar: Führungsrollen sind Schlüsselrollen. KNOWING-DOING-GAP Es gibt in der Business-Literatur kein Genre, dem mehr Aufmerk- samkeit geschenkt wird, als dem Thema Führung. Und auch die Wirtschaftspresse ist voller Erfolgs- und Misserfolgsgeschichten von vermeintlichen Helden und Antihelden an der Spitze von Unternehmen. Es scheint also alles gesagt und geschrieben. Und doch zeigt sich in der gelebten Praxis ein enormes Defizit an wirksamer Führung. Diese Kluft zwischen Kennen und Können begegnet uns tagtäglich in unserer Arbeit mit Vorständen und Führungskräften – über sämtliche Industrien und Unterneh- mensgrößen hinweg. Es erinnert ein wenig an die schiere Zahl von Kochbüchern, die jede Woche den Buchhandel erreichen. Sie machen sich gut im Buchregal der Besitzer, doch der Einfluss auf ihre Kochkünste und kulinarischen Gewohnheiten hält sich oftmals in Grenzen. Um diese Kluft ein wenig überwinden zu helfen, haben wir im Folgenden ein paar der wichtigsten Entwicklungsfelder aus unse- rer jahrelangen Erfahrung als Führungsexperten, Personalleiter und eigenen Leitungsrollen zusammengefasst. Entlang vier ent- scheidender Kompetenzen beschreiben wir, welche veränderte Haltung und welches neue Verhalten vonnöten sind, um Führung in unseren Organisationen „fit“ für die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu machen. Als Führungskraft und Unternehmenslenker:in brauche ich eine klare Vision für mein Team oder gar die Gesamtorganisation, die meinen Mitarbeitenden auf Unternehmens-, Team- und individueller Ebene Orientierung gibt, ihnen hilft, ihr Verhalten auszurichten und sie die richtigen Entscheidungen treffen lässt. Sie unterstützt zudem eine fundierte Strategie und damit ver- bundene Ableitung klarer Unternehmensziele. GEMEINSAME AUSRICHTUNG Die zunehmende Individualisierung, vielerorts aber auch wahr- zunehmende Virtualisierung von Arbeit wirkt nicht selten wie eine Zentrifuge: Die einzelnen Teile der Organisation drohen auseinanderzudriften, je unabhängiger sie werden. Diese Flieh- kräfte können allerdings gebändigt werden, wenn allen deutlich ist, wofür sie zusammenarbeiten. Eine klare Ausrichtung der Organisation auf das gemeinsame Ziel wirkt wie ein Magnet, der alles zusammenhält. Dabei muss es nicht zwingend um hehre moralische Ziele gehen, sondern lediglich klar herausgearbeitet sein, wofür man als Team und Unternehmen steht. HERZ - KOPF - HAND Um eine inspirierende Vision definieren zu können, helfen uns Fra- gen wie beispielsweise: Was wollen wir sein? Warum gibt es uns? Welches Problem wollen wir lösen? Was ist der gesellschaftliche oder Kundennutzen unserer Produkte und Dienstleistungen? Bei der Beantwortung dieser Fragen entsteht in der Regel eine starke und prägnante Vision, die uns ein klares und transparentes Verständnis für Werte, Verhaltensweisen und Entscheidungen im Unternehmen auf allen Ebenen gibt. Diese Vision in die Köpfe, Hände und Herzen der Mitarbeitenden zu bringen, erfordert von den Leadern Leidenschaft für das Thema, Inspiration und nicht zu- letzt, eine Vorbildrolle für die gesamte Organisation einzunehmen. 1. Inspiration durch Vision30 Selbstreflexion stellt für uns eines der wichtigsten Instrumente für eine aktive Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit und für das Ge- stalten von vertrauensvollen Beziehungen dar. Mein eigenes Verhalten zu hinterfragen, Fremdbild und Eigenbild regelmäßig abzugleichen und über eigene Fehler zu sprechen, helfen mir dabei, als Führungskraft zu wachsen und das Vertrauen zu meinen Teams zu stärken. REGELMÄSSIGES HINTERFRAGEN UNSERES EIGENEN VERHALTENS Viele Führungskräfte tun sich nach wie vor äußerst schwer, das eigene Verhalten und dessen Implikationen auf ihre Teams und Organisatio- nen zu reflektieren. Wenn wir jedoch mit unseren Entscheidungen oder den Ergebnissen, die unser Verhalten erzeugt haben, nicht zu- frieden sind, sollten wir versuchen, die spezifische Situation konkret aufzuarbeiten. Das bedeutet, uns explizit die Zeit zu nehmen und eine gründliche Reflexion durchführen, um einerseits mit der eigenen Un- zufriedenheit abzuschließen und nach vorne zu blicken, und ande- rerseits einen klaren Plan für ähnliche Situationen, die in der Zukunft auf uns zukommen, in der Tasche zu haben. Hierzu bietet das in der Coachingwelt gängige RAFAEL-Modell eine gute Orientierung. Es enthält sinnvoll aufeinander aufgebaute Reflexionsfragen, die uns im Selbst-Coaching helfen, aber durchaus auch wertvoll sind, wenn wir unsere Mitarbeitenden dabei unterstützen wollen, bestimmte Situa- tionen tiefgreifender zu reflektieren. ABGLEICH EIGENBILD - FREMDBILD Jeder von uns trägt tagtäglich die eigene subjektive Perspektive in den Arbeitskontext, oft als einzig mögliche Wahrheit. Jedoch wissen wir, dass diese stets nur eine aus vielen Perspektiven darstellt, welche mit einer Vielzahl von „blinden Flecken“ gespickt ist, die meist nur andere für uns sichtbar machen können. Gerade deswegen ist es so kraftvoll, die Perspektiven eigener Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeitenden miteinzubeziehen, um ein umfassendes Bild seines Selbst zu erhalten. Hierzu können wir uns der Starfish-Methode bedienen, welche im agilen Umfeld regelmäßig zur Evaluierung abgeschlossener Projekte genutzt wird. Mithilfe dieser Reflexionsmethode bekommt man schnell und einfach ein umfassendes externes Bild zu den Fragen: Was mache ich gut? Was sollte ich häufiger tun, was weniger oft? Womit sollte ich unbedingt aufhören und womit starten? Durch diese kleine und einfache Intervention kristallisieren sich unserer Erfahrung nach ausnahmslos sehr praktische Handlungsanleitungen für ein effektiveres Führen heraus. Vielfach findet heute das Wort Resilienz Platz in unserem Arbeits- kontext. Es beschreibt die Fähigkeit, sich konstant an Veränderun- gen anzupassen und sich schnell von Rückschlägen zu erholen. In einer Welt, die sich derart rasch wandelt und in der Unternehmen oft gezwungen sind, sich rapide umzuorientieren, ist ein hohes Maß an Resilienz insbesondere von Führungskräften entscheidend für den Erfolg einer Organisation. Führungskräfte sollten in der Lage sein, ihre eigene Resilienz zu stärken und ihre Mitarbeitenden dabei zu unterstützen, ihre Resilienz-Kompetenzen auszubauen. HILFE ZUR SELBSTHILFE. Es braucht konkrete Möglichkeiten zur persönlichen und beruf- lichen Weiterentwicklung, damit unsere Mitarbeitenden ihr Selbst- bewusstsein und ihre Selbstwirksamkeit steigern können. Des Weiteren zahlt es sich aus, ein unterstützendes und vertrauensvol- stecken und auch jede Entscheidung (allein) treffen zu wollen. Wir haben schließlich ein Team aus Spezialisten, denen wir den Raum und die Befugnisse geben sollten, wichtige Entscheidungen auch selbst zu treffen oder zumindest fundiert vorzubereiten, Ri- siken abzuwägen und Entscheidungsvorschläge zu erarbeiten, um gemeinsam zu einer guten Entscheidung zu kommen. Dazu bedarf es manchmal, etwas mehr Vertrauensvorschuss zu verteilen und die Zügel ein wenig loszulassen – was erfahrungsgemäß vielen Leadern auch heute noch schwerfällt. OBACHT VOR DEM FLASCHENHALS! Um der Dynamik der komplexen Zeit, in der wir leben, gerecht zu werden und unseren Mitarbeitenden Vertrauen und damit Motivati- on zu schenken, müssen wir sogenannte „Flaschenhals“-Situationen – also solche, in denen wir am Ende die Einzigen sind, die eine Ent- scheidungen treffen – radikal reduzieren und Entscheidungen und damit Führung auf alle Schultern verteilen. Jeder von uns kennt es: Das Team will von uns als Führungskraft eine Entscheidung zu einem Sachverhalt, von dem wir selbst viel zu weit weg sind. Warum? Weil keiner die Verantwortung für eine am Ende falsch getroffene Entscheidung übernehmen möchte. Doch wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir in unserer Rolle als Führungs- kraft, in der wir oftmals nur einen Bruchteil der relevanten Informa- tionen zu Verfügung haben, die falsche Entscheidung treffen? Mit Sicherheit wesentlich höher, als wenn wir die Experten in unseren Teams mit unserem Vertrauen dazu ermutigen, die Dinge gründlich zu durchdenken, Risiken abzuwägen und mit einer Empfehlung oder Entscheidung zu uns zu kommen. Führungskräfte und Mitarbeitende müssen an dieser Stelle radikal umdenken. Verantwortung muss geteilt und angenommen werden, wenn wir der Geschwindigkeit und Komplexität unserer Zeit standhalten wollen. Der größte Unterschied zwischen durchschnittlichen und heraus- ragenden Unternehmen spiegelt sich nicht selten in der Qualität und Geschwindigkeit ihrer Entscheidungsfindung. Um unsere Mitarbeitenden zu einem Mehr an Verantwortungsübernahme zu bringen, müssen wir als Führungskräfte aufhören, in jedem Detail 2. Kenne dich selbst! 4. Biegsames bricht nicht so schnell. 3. Entscheidend ist, wie gut Entscheidungen getroffen werden.31 les Arbeitsumfeld zu kultivieren, in dem wir regelmäßig und offen – auch hierarchieübergreifend – miteinander kommunizieren und indem wir Feedback fördern und Empathie zeigen. Nicht zuletzt steckt viel Potenzial darin, wenn wir als Führungskräfte den Teams auch flexible Arbeitsmodelle anbieten können, Stress- management-Techniken vermitteln und sie dabei unterstützen, den Fokus zu behalten und den richtigen Prioritäten Aufmerksamkeit zu schenken, wenn sie gelegentlich selber den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen. Sich tiefgreifender mit dem Thema Resilienz zu beschäftigen, erscheint vor dem Hintergrund der aktuellen und künftigen Herausforderungen schon fast als Grundvoraussetzung für effektives Leadership geworden zu sein. Als Startpunkt empfehlen wir das Buch „Resilienz – Kompetenz der Zukunft“ von Sylvia Kéré Wellensiek & Joachim Galuska, welches hervorragende Selbstchecks zu diesen unterschiedlichen Ebenen und Tipps für die praktische Umsetzung anbietet. WIR HOFFEN, ANHAND DIESER VIER KOMPETENZFELDER EIN PAAR ERSTE HILFREICHE ANSÄTZE FÜR IHRE TÄGLICHE AR- BEIT ALS FÜHRUNGSKRÄFTE UND UNTERNEHMENSLENKER: INNEN MITGEGEBEN ZU HABEN, UND WÜNSCHEN IHNEN VIEL ERFOLG BEI DER UMSETZUNG. Daniel ist ausgewiesener Experte für Leadership und die Zukunft der Arbeit. Er ist selbstständiger Führungskräfteentwickler, Organisationsberater, systemischer Coach, Autor und Gast- dozent an verschiedenen Hochschulen. Durch seine früheren exponierten Rollen im Konzern- und Mittelstandsumfeld, bringt er eine tief-greifende Erfahrung und breite Expertise zu diesen Themen in seine tägliche Arbeit mit Geschäftsführer:innen, Unternehmenslenker:innen und Führungskräften unterschied- lichster Industrien und Unternehmensgrößen mit ein. Verena deckt als ehemalige Personalchefin ein äußerst breites Spektrum im Human-Resources-Bereich durch ihre Expertise und Erfahrung ab. Als frühere HR-Managerin im E-Commerce-Umfeld sind ihr hochdynamische Organisationen und Teamarbeit bestens vertraut. In ihrer heutigen selbstständigen Tätigkeit fokussiert sie sich auf die Optimierung von Personalprozessen, die Erarbeitung von HR-Strategien entlang der Business Vision & Strategie und auf das Coaching und Training von Führungskräften. Über uns32 Dr. Markus Strobel Geschäftsführender Gesellschafter des Instituts imu augsburg LIEBER MARKUS, WENN DU DEINE ARBEIT IN KURZEN SÄTZEN BESCHREIBEN MÜSSTEST, WAS WÜRDEST DU SAGEN? Im Kern geht's darum, dass alle Beteiligten mehr von dem „mit- kriegen“, was gerade im Unternehmen stattfindet. Ich glaube, wir haben die Gewohnheit entwickelt, nur einen kleinen Teil zu fokussieren und im Bewusstsein haben: Strukturen, Prozesse, Kundenbeziehungen etc. Es gibt aber ganz viele Dinge, die auch noch stattfinden, die wir aber oft nicht mitbekommen. Und trotzdem werden auf Basis dieser teilweise unvollständigen Be- trachtungsweise, wichtige Entscheidungen getroffen, Projekte oder Transformationsprozesse angeschoben, die oft nur einen ganz kleinen Ausschnitt der Wirklichkeit berücksichtigen und deswegen sehr mühsam verlaufen. Meine Aufgabe besteht darin, mit den Beteiligten gemeinsam, davon „mehr mitzubekommen“. WIE MUSS ICH MIR DAS GENAU VORSTELLEN? WAS GE- NAU MACHST DU DA, UM „MEHR MITZUKRIEGEN“? Am Anfang geht es darum, den Selbstkontakt und die Selbst- wahrnehmung zu stärken. Das Organ für das „Mitkriegen“ ist oft nicht der Verstand und die Beobachtung, sondern ein inneres Gespür, für das zu entwickeln, was gerade stattfindet. Durch den Druck, Stress und teilweise die Überforderungen, die in Organisationen oft stattfinden, verlieren viele Beteiligte diese Selbstwahrnehmung. Dieser Teil muss wieder gestärkt werden und dient dazu, dass jedes Individuum auch das mitbekommt, was gerade um es rum passiert und wie es ihm damit gerade geht. Wie wirkt sich die Situation im Außen auf die jeweili- ge Person aus und welchen Effekt hat diese auf seine innere Wahrnehmung? Diesen Prozess wieder zu kultivieren, dafür trete ich jeden Tag an. Diese Selbstreflexion hilft den Einzelnen auch dabei, andere, innerhalb der Organisation besser zu verstehen, Dr. Markus Strobel ist Gründer und geschäftsführender Gesell- schafter des imu augsburg. Er lehrte Organisationsentwicklung im Rahmen verschiedener berufsbegleitender MBAs an der Universität Augsburg und an der School of Governance (Berlin). Sein Schwerpunkt liegt auf integralem Coaching und integraler Organisationsentwicklung, bei denen Mindset, Verhaltensmu- ster, Prozesse und Strukturen sowie kulturelle Aspekte gleicher- maßen berücksichtigt und weiterentwickelt werden. Aus seiner Zeit als Leistungssportler (Mitglied der Nationalmannschaft im Fechten) hat er zahlreiche Erfolgsprinzipien auf Führung übertra- gen. Auf Basis des integralen Ansatzes entwickelte er die Leader- ship-Trainings „We Transform“ und „Innovations-Coaching“. Im Bereich der Organisations- und Persönlichkeitsentwicklung hat er zahlreiche Vorgehensweisen und Methoden entwickelt, die internationale Anerkennung finden. Gleichzeitig verfügt er über umfassende Praxiserfahrung. Seit über 30 Jahren begleitet Markus Strobel oberste Führungskräfte und weit über hundert Unternehmen verschiedenster Branchen und Größen. In Kombination mit Vorstands-Coachings begleitet er langjährige integrale Transformationsprozesse, meist in enger Abstimmung mit Eigentümern und dem Topmanagement. Unternehmen wie KUKA, BKW, Weleda, MACO, Brose, Plansee, MTU, WBS und MAN wurden von ihm betreut. Marc Buchholz traf Dr. Markus Strobel im Rahmen ei- nes gemeinsamen ersten Organisationsentwicklungs- Projektes in Augsburg, und bekam die Gelegenheit, Markus zu einem kurzen, aber intensiven Interview einzuladen.33 zu integrieren, niemanden auszugrenzen und eine ganzheitliche Betrachtung auf die Organisation zu bekommen, um wirkungs- voller und präziser zu werden. OKAY, JETZT HABE ICH JA MITBEKOMMEN, DASS DU IN DIESEM „FELD“ SCHON SEIT MEHR ALS 30 JAHREN UN- TERWEGS BIST. UND DIESES „MITKRIEGEN“, ALSO VON DEM, WAS PASSIERT, HAT SICH DAS BZW. WIE HAT SICH DAS VERÄNDERT? Genau. Ich glaube schon, dass ich gewisse Tendenzen erkennen kann. Vor 15 Jahren war es in den Unternehmen mentaler und analytischer. Der Glaube, dass ein IT-System im Wesentlichen das Unternehmen abbilden könnte, war vor 15 Jahren ausge- prägter als heute. Heute weiß man, dass es sich aber nur um einen Bruchteil handelt, was so ein „ERP-System“ abbilden kann und die Verzerrung dabei sehr groß ist. Es gibt aber viel mehr Realitäten, Dynamiken und Untergrundbewegungen, die ein solches System nicht erfassen kann und wir als Mensch gefragt sind. Es gibt wieder mehr Sensibilität für anderes und andere und allgemein für die Dinge im Unternehmen, die du über ERP- und CRM-Systeme eben nicht abbilden kannst. WÜRDEST DU SAGEN, DASS SICH DIE BEREITSCHAFT ERHÖHT HAT, NEBEN DER DIGITALEN WELT AUCH ANDERE „GESETZE“ DER ANALOGEN WELT ANZUER- KENNEN? UND ZU AKZEPTIEREN, DASS ES AUCH NOCH ANDERE ASPEKTE GIBT, DIE ES ZU BEACHTEN GILT? In der Summe würde ich sagen, dass die Bereitschaft größer geworden ist. Man muss nur mal hinschauen, mit was sich die Leute so privat beschäftigen. Sie machen Meditations-Retreats, praktizieren Yoga, lesen spirituelle Bücher, gehen auf Lehrgänge, Seminare, etc. Es ist mir aufgefallen, dass noch vor 15 Jahren die Menschen heimlich, in ihren Pausen, zu uns kamen und darüber berichteten, dass sie Meditation und Yoga betreiben und sich mit einschlägiger Literatur beschäftigen. Heute ist es deutlich sichtbarer geworden und die Menschen verstecken sich nicht mehr, sie zeigen sich, tauschen sich aus und stehen zu ihren Überzeugungen. Gleichzeitig gibt es aber auch immer noch eine große Anzahl an Führungskräften im Unternehmen, die, sobald sie das Wort Selbstwahrnehmung hören oder eine Aufforderung zum „Mit- kriegen“ bekommen, alles sofort unter dem großen Begriff der Esoterik ansiedeln und dies dann komplett ablehnen. DIESE NEGIERUNG UND DIE DARAUS ENTSTEHENDEN HERAUSFORDERUNGEN IM HINTERKOPF: WAS IST DENN DEIN ANTRIEB, DIESEN INTEGRALEN ANSATZ TROTZDEM IN DIE UNTERNEHMEN ZU BRINGEN? Ich glaube, dass Unternehmen bzw. Organisationen eine große Auswirkung auf die Gesellschaft haben und dass die gesamte Menschheit davon auch stark beeinflusst wird. Für die komple- xen Herausforderungen der heutigen Zeit brauchen wir aber eine andere Qualität in den Organisationen. Wir werden sonst die angekündigte Zeitenwende in allen Bereichen des Lebens, die komplexen Zusammenhänge und die gegenseitigen Abhängig- keiten in der Welt und die Aufgaben, die sich daraus ergeben, als Menschheit nicht schaffen. Es treibt mich persönlich an, in diese Unternehmen zu gehen und dort eine neue Qualität reinzubrin- gen und meinen Beitrag dafür zu leisten, dass diese Organisatio- nen zu besseren Orten für die Menschheit werden. Dass es eben nicht Orte sind, an denen Menschen entmündigt, verletzt oder frustriert werden. Ich möchte Orte mitentwickeln, wo Menschen wachsen und sich entwickeln können, wo sie Freude haben und kreativ sein können und sie ihr Potenzial zur vollen Entfaltung für das Unternehmen und sich bringen und einbringen können. Wenn das viele Menschen in Organisationen machen, wird dadurch eine kollektive Kraft entwickelt, die entscheidend dabei hilft, besser für die Kunden da sein zu können, und dabei unterstützt, zu verstehen, was die Kunden wirklich brauchen. Sozusagen um eine Ideal-Leistung zu formulieren. Dabei geht es nicht allein um mehr Umsatz um jeden Preis, sondern um das, was das Leben meiner Kunden wirklich leichter macht, besser oder sinnvoller. Dadurch erreichen die Organisationen ein anders Level, es kann eine Welt entstehen, in der jeder Einzelne mehr Verantwortung in ökologischen und sozialen Fragen überneh- men kann.34 DAS PASST SCHÖN ZU UNSERER BOTSCHAFT. WIR RE- DEN IMMER VON DER STRAHLKRAFT DER MARKE UND DEM POSITIONIERUNGSDESIGN … Ja, aber eine Marke kommt erst richtig zum Strahlen, wenn die Mitarbeitenden auch von innen leuchten, dann wird die Strahlkraft der Marke und der Organisation verstärkt. Es nützt mir nichts, wenn ich durch eine gute Agentur professionelle Markenarbeit leiste und ein Employer Branding vom Feinsten betreibe und sich im Nachgang rausstellt, dass alles nur gefakt ist und überhaupt keine Kongruenz besteht zwischen dem, was ich vorgebe zu sein, und dem, was in meiner Organisation gelebt wird. Diese teure Recruiting-Arbeit kann ich mir sparen, weil die Mitarbeiter abwandern und wenig Loyalität zu dem „mehr Schein als Sein" zeigen werden. Es nützt nichts, eine Produkt- oder Arbeitgeber-Marke zu kreieren und zu produzieren, die nur im Außen scheint und strahlt und im „Inneren“ nicht kohärent und wahrhaftig von den Menschen in der Organisation gelebt wird. HAT DER INTEGRALE ANSATZ BZW. DIE SICHTWEISE AUS DEINER ERFAHRUNG EINEN EINFLUSS AUF DEN PURPOSE VON TEAMS UND DEMENTSPRECHEND AUCH AUF DIE IDENTIFIKATION DER MITARBEITENDEN MIT DEM UNTERNEHMEN? Ja, ich bin mir sehr sicher. Denn wenn der integrale Ansatz in der Organisation verkörpert ist, dann heißt es auch, dass der „Pur- pose“ der Organisation freigelegt wird. Für mich ist „Purpose“ ja nichts, was wir uns ausdenken können oder was das Management festlegen kann, sondern das existiert ja schon in der Organisati- on. Die Frage aller Fragen ist nur: Wer kriegt das überhaupt mit? Bekommt es das Topmanagement mit oder führt man das Unter- nehmen, wie man es z.B. in St. Gallen gelernt hat, und bearbeitet die Märkte nach diesen Erkenntnissen? Es ist nicht damit getan, irgendwann einen oder mehrere kluge Sätze zu kreieren und aufzuschreiben, sondern dieser Purpose muss gelebt werden und er findet ganz automatisch jeden Tag statt. Für das Leadership beziehungsweise die Führung heißt das: Wir machen unseren „Purpose“ erlebbar und fühlbar und jeder im Unternehmen kann jeden Tag seine Entscheidungen ein Stück weit daran ausrichten. MARKUS, WIE DU JA WEISST, IST UNS VOR ALLEM DIE REGION ALLGÄU UND BODENSEE SEHR ANS HERZ GEWACHSEN UND WIR WOLLEN HIER IN DER HEIMAT, BEI DEN VIELEN MITTELSTÄNDISCHEN UNTERNEHMEN INTEGRAL WIRKSAM WERDEN. WIE SIEHST DU DAS, MIT DEINER LANGJÄHRIGEN ERFAHRUNG: IST DAS WAS FÜR DIESE UNTERNEHMEN ODER FUNKTIONIERT DAS NUR IN GROSSEN ORGANISA- TIONEN UND KONZERNEN? Das sehe ich als Riesenchance für die Region und für die Unter- nehmen. Es geht in diesen mittelständischen Unternehmen viel einfacher, diese neue Qualität zu integrieren und zu leben, als in einem der „großen Tanker“. Es kommt stark auf die Authentizi- tät der Inhaber an, sie halten den entscheidenden Hebel in der Hand. Die Eigentümer können in ihren Unternehmen schnell ihre Leute erreichen und damit eine qualitative Entwicklung für ihre Mitarbeitenden, für die Produkte und für die Region leisten. Aber es hört nicht beim einzelnen Unternehmen auf, es können sich Netzwerke bilden, die voneinander lernen können und die sich konstruktiv austauschen. Es können gemeinsame Projekte bear- beitet werden, Kooperationen entstehen, um die Region als Gan- zes nach vorne zu bringen und für Fachkräfte und Mitarbeitende, neben der lebenswerten Lage, besonders attraktiv zu machen. Es kann mit dieser integralen Entwicklung ein besonderer Raum und eine besondere Kultur in der Region geschaffen werden. Unternehmen, die das Ganze integral betrachten, grenzen sich nicht mehr ab, sondern haben ein Interesse daran, dass es allen gut geht und dass Kreatives und „gemeinsam Wertvolles“ entsteht. Das Gute wird in der Gemeinschaft gestärkt und vermehrt und es entstehen dadurch wichtige Performancevor- teile für die einzelnen Unternehmen, aber auch für die gesamte Region. DR. MARKUS STROBEL, INSTITUT IMU AUGSBURG, IM INTERVIEW MIT MARC BUCHHOLZ „Eine Marke kommt erst richtig zum Strahlen, wenn die Mitarbeitenden auch von innen leuchten.“35 Kathleen Schütz Mentale Fitness und Positive Intelligenz Positive Intelligenz beschreibt die Fähigkeit, mit den unterschied- lichsten Herausforderungen des Lebens positiv umzugehen. Dein Geist, dein Denken und deine Haltung können dein bester Freund – aber eben auch dein größter Feind sein. Der Positive-Intelligenz- Quotient (PQ) misst, wie sehr dich dein Geist unterstützt – oder wie sehr er dich sabotiert. Eine Sabotage erkennst du daran, dass sie mit negativen Emotionen einhergeht. Was denkst und fühlst du, wenn die Dinge nicht so laufen, wie du es dir vorstellst? Wie reagierst du, wenn dir oder anderen ein Fehler passiert oder wenn hoher Druck herrscht? Viele Versuche, etwas positiv zu verändern, scheitern. Die anfäng- liche Begeisterung verliert an Kraft und wir fallen auf gewohnte Verhaltensweisen zurück. Das ist vollkommen normal, schließlich haben wir diese Gewohnheiten über Jahre hinweg aufgebaut. Dauerhaft neue Verhaltens- und Denkweisen zu etablieren, ge- lingt, indem du dein Gehirn neu trainierst. Daher auch der Begriff „Mentale Fitness“. Als zertifizierter Business Coach arbeite ich mit einem App- gestützten Programm, das die eigenen Saboteure erkennt und auf spielerische Weise die positive Intelligenz trainiert. In nur sechs Wochen stellen meine Klienten (Führungskräfte, Unternehmer:innen und Mitarbeitende) bedeutende Veränderun- gen fest. Sie gewinnen Einsicht in ihre hinderlichen Verhaltens- und Denkmuster und lernen, diese Schritt für Schritt zu verändern. Das Ergebnis: Der Geist ist ruhiger, die Leistungsfähigkeit ist ge- steigert und die Begegnung mit anderen Menschen wird positiver wahrgenommen.36 Angela Zinser „New Work“, ganzheitlich gedacht WAS IST NEW WORK – UND WAS NICHT? Ursprünglich stammt der Begriff vom Philosophen und Anthropo- logen Frithjof Bergmann. Er stellte den Sinn der Arbeit nach vorne: „New Work ist die Arbeit, die ein Mensch wirklich, wirklich will.“ Für Bergmann geht es daher um das innere Erleben des Einzelnen und darum, wie Arbeit sein Bedürfnis nach sinnvollem Tun erfüllen kann. Seitdem sind viele Dimensionen hinzugekommen. In der Organisationsentwicklung zum Beispiel wird der Begriff New Work häufig für die Beschreibung von neuen bedarfsgerechten Prozes- sen und Strukturen genutzt, wie zum Beispiel flexible Arbeitszeit- regelungen, hybrides Arbeiten, innovative Bürogestaltung, die Arbeit mit digitalen Tools und so weiter. Aus meiner Sicht braucht es einen ganzheitlichen Blick, der sowohl innere und äußere Faktoren als auch das Individuum sowie die Gesamtorganisation umfasst. Hierfür können die vier Quadranten des integralen An- satzes nach Ken Wilber genutzt werden. Die Entwicklungsstufen der „Spiral Dynamics“© beschreiben individuelle und kollektive Reifegrade. New Work benötigt mindestens Grün. WARUM IST NEW WORK FÜR DIE TRANSFORMATION VON UNTERNEHMEN SO ENTSCHEIDEND? Bisher sprachen wir davon, dass wir uns in einer VUCA-Welt bewegen (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity). Doch das reicht heute nicht mehr aus, um das Ausmaß der Folgen die- ser Welt zu beschreiben, in welcher wir leben. So ist in Zeiten des Klimawandels und der Pandemie das Akronym BANI entstanden. BANI erklärt dabei nicht nur die Herausforderungen der aktuel- len Zeit, sondern auch die anhaltenden Folgen daraus: •Brittle – brüchig, porös •Anxious – ängstlich, besorgt •Non-linear – nicht-linear •Incomprehensible – unverständlich, unbegreiflich Dieses Modell beschreibt damit nicht nur instabile Strukturen, sondern auch chaotische. Es werden nicht nur mehrdeutige, komplexe Systeme sichtbar, sondern auch jene völlig unverständ- lichen. Betrachten wir, welchen Anspruch dies an Organisationen stellt, so sind Organisationen mehr und mehr aufgefordert, sich 37 ganzheitlich zu transformieren, um auf diese Gegebenheiten sinnvoll reagieren zu können: Sie benötigen agile Methoden und Strukturen, die eine flexible Anpassung an unvorhergesehene neue Marktbedingungen ermöglichen. Um diese leben zu können, braucht es ein gestärktes Miteinander mit einer auf Empathie und Transparenz basierenden Vertrauenskultur. Dabei bekommt Führung einen anderen Stellenwert in Form einer transformatio- nalen und regenerativen Führung, die Räume für Vernetzung und Kollaboration schafft. Dies erfordert von jedem Mitarbeitenden in der Organisation eine bewusste Selbstwahrnehmung und das ganzheitliche Einbeziehen seiner rationalen, emotionalen, kör- perlichen und intuitiven Intelligenz. New Work ist damit häufig ein Schlüssel, der diese Art der Transformation möglich macht. WIE WICHTIG IST DER REIFEGRAD DER ORGANISATION FÜR DAS GELINGEN VON NEW WORK? Für mich ist dies ein essenzieller Punkt, denn New Work als ganz- heitliches Modell ist aus meiner Sicht erst ab einer entsprechenden Entwicklungsstufe („Grün“ nach dem Reifegradmodell von „Spiral Dynamics“©) möglich und kann so gelebt werden, wie es gemeint ist. Dann sind das Welt- und Menschenbild sowie die entsprechen- den Werte und Kultur vorhanden, welche als Basis erforderlich sind. In meiner Arbeit begegnen mir jedoch viele Unternehmen, die diese Entwicklungsebene noch nicht erreicht haben und New-Work- Konzepte oft einseitig über agile Methoden oder digitale Strukturen und Tools einzuführen versuchen. Dabei ist die Einführung von New Work dann eher dadurch geprägt, mehr Effizienz und Leistung anzustreben, und weniger vom eigentlichen Anliegen Bergmanns. „Spiral Dynamics“© ist ein Werteentwicklungsmodell, das genutzt werden kann, um individuelle, kulturelle und gesellschaftliche Reife- grade zu beschreiben. New Work benötigt mindestens einen grünen Reifegrad der Organisation. (Quelle: „Spiral Dynamics“© nach Clare W. Graves) Die Vorhaben beschränken sich häufig auf die unteren Dimensionen und sind dann oft nicht nachhaltig, da die entsprechende Kultur fehlt oder die Haltung der Mitarbeitenden sich in dazu nicht passenden Verhaltensweisen ausdrückt. Wenn ich zum Beispiel eine Struktur schaffe, in der alle auf Augenhöhe kommunizieren und Führung selbstorganisiert funktionieren soll, aber einzelne Mitarbeitende noch gar nicht bereit sind, so viel Eigenverantwortung zu überneh- men, oder die Führungskraft noch mit ihrer formalen Machtposition identifiziert ist und eigentlich gar nicht Verantwortung abgeben will, dann fehlt häufig im Inneren der Reifegrad, um New Work wirklich zu leben. Die Selbstkompetenzen der Mitarbeitenden müssen mit den Anforderungen der Organisation mitwachsen können. In der Realität sieht es aber so aus, dass einfach Projekte aufgesetzt werden und der Mensch als Ressource funktionieren soll. Im Kontext von New Work sollten wir jedoch auch immer das Wohl des Menschen sowie des Ökosystems im Blick haben und Entwicklung ganzheitlich (über alle vier Quadranten) betrachten. WAS IST DER GRÖSSTE ENGPASS, WENN ES DARUM GEHT, NEW WORK WIRKSAM ZU ETABLIEREN? Wie bereits gesagt, wird New Work oft zu einseitig betrachtet. Es geht viel um die äußeren Faktoren wie Arbeitszeitmodelle, Bürogestaltung, digitale Tools und so weiter. Das Innere, die Kultur und das Innenleben der Menschen, wird dagegen zu wenig berücksichtigt. Das kann zu einer Überforderung der Organi- sation führen, da die Spannung zwischen dem Außen und dem Innen zu groß ist. Des Weiteren ist der Sprung im Reifegrad für die Unternehmen oft zu hoch. Viele der Unternehmen, die in New Work eine Möglichkeit sehen, mehr Effizienz und Leistung zu erzielen, befinden sich häufig eher auf einer blauen, maximal orangenen Entwicklungsebene. Um New Work wirksam zu eta- blieren, braucht es daher eine ganzheitliche Transformation der Organisation hin zu einer grünen Entwicklungsebene, wobei hier keine Entwicklungsebene übersprungen werden kann und eine derartige Transformation in der Regel mehrere Jahre dauert. WIE SORGE ICH FÜR EINE NACHHALTIGE NEW-WORK- INITIATIVE? Am Anfang steht eine große Ehrlichkeit darüber, wo das Unter- nehmen aktuell steht, gerade vonseiten der Führung: „Welchen Reifegrad haben wir? Wo stehen wir wirklich? Welche Blockaden, Widerstände und noch wirksamen emotionalen Verletzungen sind in der Kultur spürbar?“ Als Zweites braucht es ein klares Zukunftsbild: „Wo streben wir hin? Woran orientieren wir uns? Wie sieht dieser Zielzustand ganzheitlich über alle vier Quadranten aus?“ Danach kann erst die Frage folgen: „Was ist real als nächster Entwicklungsschritt für uns möglich? Und welche Maßnahmen braucht es dafür?“ Für mich ist hier die organisationale Spannung ein wichtiger Hinweisgeber, auf welche Fokusbereiche man sich konzentrieren sollte. Nimmt man die Spannung zwischen dem Status quo und dem gewünschten Zielzustand wahr, so wird diese immer an bestimmten Themen am deutlichsten spürbar. Zeigt sich die Spannung zum Beispiel im Führungsverhalten des oberen Managements, welches nicht als Vorbild für eine gewünschte Ver- änderung dient, so gibt uns dies zunächst einen Hinweis, dass hier Entwicklung benötigt wird. Jedoch müssen wir im weiteren Verlauf unterscheiden, was Symptom und was Ursache ist. Gegebenenfalls ist das Führungsverhalten nur ein Symptom einer dysfunktionalen Führungskultur, und die Ursache dieser Art der Zusammenarbeit des Management-Boards liegt wiederum in der fehlenden Selbst- regulierung der Führungsmitglieder. Dann bräuchte es zunächst einmal innere Arbeit der Management-Mitglieder, um darüber eine andere Führungskultur und ein anderes Verhalten zu etablieren. Sowohl die organisationale Spannung als auch die Analyse von Symptomen und Ursachen über vier Quadranten unterstützen uns daher in der Entwicklung passgenauer Interventionen der Transfor- mation hin zu New Work.Next >