< Previous08LUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL Persönliche Erlebnisse und Teamdynamik Während meiner Zeit als Geschäftsführer der skbs.digital und als CDO des Städtischen Klinikums Braunschweig hatte ich das Privileg, mit unglaublich großartigen Kollegen und Kolleginnen zusammenzuarbeiten. Diese Zusammenarbeit war geprägt von einem starken Team- geist und einer gemeinsamen Vision, die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben. Der Zusammen- halt und die Professionalität des Teams waren ausschlag- gebend für den Erfolg vieler Projekte. Jeder im Team brachte einzigartige Fähigkeiten und Perspektiven ein, was zu innovativen Lösungen und einem dynamischen Arbeitsumfeld führte. Ein besonders wichtiger Moment war der Eintritt von Wolf-Christian Varoß als neuer Geschäftsführer der skbs. digital. Er brachte nicht nur frischen Wind in die Organi- sation, sondern übernahm auch die Rolle des CIO des Klinikums Braunschweig. Seine duale Rolle ermöglichte eine noch engere Verzahnung zwischen der digitalen Transformation und der IT-Abteilung des Klinikums. Unter seiner Führung konnte die skbs.digital ihre Strategie weiter verfeinern und neue Impulse für die Digitalisierung des Gesundheitswesens setzen. Ein Blick in die Zukunft Während ich mich nun auf eine neue berufliche Heraus- forderung bei der Firma TeleTracking als Market Access EMEA vorbereite, blicke ich mit Stolz und Zufriedenheit auf die erreichten Meilensteine zurück. Die skbs.digital hat sich als Vorreiterin der Digitalisierung im Gesund- heitswesen etabliert und wird auch in Zukunft eine zen- trale Rolle bei der Gestaltung moderner und effizienter Gesundheitsdienstleistungen spielen. Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Projekten und die Einführung neuer digitaler Lösungen werden auch weiterhin im Fokus der skbs.digital stehen. Mit einem starken Führungsteam und engagierten Mitarbeitern ist die skbs.digital bestens gerüstet, um die Herausforde- rungen der Zukunft zu meistern und die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter voranzutreiben. Ein weiterer wichtiger Aspekt der zukünftigen Strategie ist die Zusammenarbeit mit anderen Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen. Durch den Austausch von Wissen und Best Practices können wir gemeinsam die Digitalisierung im gesamten Gesundheitswesen voran- treiben und sicherstellen, dass alle Patienten von den neuesten technologischen Fortschritten profitieren. Fazit Die Geschichte der skbs.digital ist eine Erfolgsgeschichte, die von Innovation, Zusammenarbeit und einem klaren Fokus auf die Bedürfnisse der Patienten und Mitarbeiter geprägt ist. Während meiner Amtszeit haben wir gemein- sam viele Herausforderungen gemeistert und wegwei- sende Projekte realisiert. Mit einem engagierten Team und einer klaren Vision wird die skbs.digital auch in den kommenden Jahren eine treibende Kraft in der Digitali- sierung des Gesundheitswesens bleiben. 09Nils Dehne, der Geschäftsführer der Allianz kommunaler Großkrankenhäuser (AKG), widmet sich der klassischen In- teressenvertretung, nachdem er in seiner Laufbahn den Krankenhausmarkt aus verschiedenen Perspektiven kennengelernt hat. Die AKG ist über die Lobbyarbeit hinaus für die eigenen Häuser aktiv und zeigt selbst, wie Verän- derung funktionieren kann. 10LUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL Strukturreform Expertise konzentrieren, Medizin digitalisieren, Gesundheitswesen neu denken. Herr Dehne, „Lust auf Gut“ könnte auch das Motto Ihrer Arbeit sein. Wie möchten Sie die Gesundheitsversorgung in Deutschland verändern? Die Gesundheitsversorgung in Deutschland ist vor allem gekennzeichnet durch viel Wettbewerb – und manchmal auch ein Gegeneinander. Angesichts der großen demo- grafischen und finanziellen Herausforderungen kann die Antwort nur sein, dass wir in Zukunft mehr miteinander und besser abgestimmt in der Versorgung agieren. Dafür braucht es grundlegende Veränderungen, die wir in der aktuellen Reform zu begleiten versuchen. Ist die Reform schon im Gange? Die im Koalitionsvertrag verankerte Regierungskommis- sion hat einen Vorschlag vorgelegt. Auf dieser Basis laufen bereits seit längerer Zeit Gespräche zwischen Bund und Ländern, ein Eckpunktepapier ist als Grundlage für einen Gesetzentwurf konsentiert. Das klassische Gesetzge- bungsverfahren soll nun 2024 folgen. Ein Referentenent- wurf liegt jedoch noch nicht vor. Das ist ein großer Wurf. Die Wahrheit ist: In unserem föderal aufgestellten Ge- sundheitssystem funktioniert eine echte Strukturreform in der Krankenhauslandschaft nur, wenn auch gleichzeitig eine Finanzierungsreform mitgedacht wird. Es ist ein Schulterschluss zwischen Bund und Ländern notwendig. Sie müssen ein gemeinsames Zielbild entwickeln. Im föde- ralen parlamentarischen System sind dafür viele Kompro- misse notwendig – insofern ist es der richtige Weg, gemeinsam in eine Reformagenda einzusteigen. Die Reform findet auf der Basis des aktuellen Fallpauscha- len-Systems statt? Genau, das ist die Ausgangslage. Momentan garantiert unser Finanzierungssystem die Investitionsfinanzierung durch die Länder und die Betriebskostenfinanzierung durch den Bund – beziehungsweise durch die gesetzlichen Krankenversicherungen. Bei den Betriebskosten gibt es noch eine Aufteilung: Das sind einmal im Wesentlichen die Fallpauschalen und seit einigen Jahren separat davon das Pflegebudget. Zukünftig soll eine dritte Säule in der Be- triebskostenfinanzierung hinzukommen, die das soge- nannte Vorhaltebudget umfasst. Die Relevanz der DRG nimmt dadurch weiter ab. Das bezeichnet man in der Poli- tik mitunter als Entökonomisierung – die Wahrheit ist aber, dass die Mittel nicht mehr werden, sondern einfach nur über andere Zahlungswege an die Krankenhäuser ge- langen sollen. 11Ihr Versorgungsstufenmodell teilt Krankenhäuser in Basis-, Erweiterte und Umfassende Versorger ein. Ist die Blinddarmentzündung ohne Komorbiditäten der Klassi- ker für die Basisversorgung, eine komplexe Hirn-OP ein klarer Fall für den Maximalversorger? Welche Diagnosen sind wo am besten aufgehoben? Das geht schon in die richtige Richtung. Noch tun sich alle Akteure schwer, klare Rollenbilder für die Versor- gungsstufen zu definieren. Deswegen ist eine klare Beziehung zwischen diesen Versorgungsstufen umso wichtiger: In unserem Konzept gibt es klare Koopera- tionsverpflichtungen zwischen den Häusern verschie- dener Versorgungsstufen, damit man auf alle Eventualitäten vorbereitet ist. Alle Operationen und Interventionen, die eine hoch- komplexe, teure Ausstattung benötigen, wollen wir möglichst zentralisiert an den Standorten vorhalten, an denen viele Fachexperten zusammenkommen. So können umfassende und auch alternative Behand- lungsmöglichkeiten abgebildet werden. Wie nutzt diese Fokussierung den Patientinnen und Patienten? Am anschaulichsten ist das bei den klassischen Tumor- erkrankungen: Da gibt es heute meistens Behand- lungsalternativen. Umso wichtiger ist es, dass das Team beim Begutachten die verschiedenen Optionen auch gleichwertig abbilden kann und sich nicht auf- grund begrenzter Ressourcen oder Strukturen auf eine bestimmte Behandlungsart fokussieren bzw. be- schränken muss. Gleichzeitig muss natürlich auch die Notfallstruktur für den Fall vorhanden sein, dass eine Komplikation auftritt. Was genau leistet die Basisversorgung? An der Basis haben wir in ganz vielen Bereichen die Herausforderung einer guten medizinisch-pflege- rischen Betreuung für Menschen, die nicht im ambulanten Sektor betreut werden können. Jeder kann sich das vorstellen: Auch wenn eine Patientin oder ein Patient eigentlich nur jeden Tag einmal vom Arzt gesehen werden muss, bekommen das viele Patienten mangels Mobilität und Logistik vor Ort nicht allein hin. Dafür brauchen wir eine Basisver- sorgung, die auch die Regierung sehr nah an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Versorgung zu etablieren versucht. Was leistet die „Mitte“? Zwischen grundlegend und hochspezialisiert muss es eine Stufe geben, die klassische einfache Operationen wie den Blinddarm oder das gebrochene Handgelenk beim sportlichen jungen Menschen abbilden kann. Eingriffe, die kein Ärzteteam erfordern, um verschie- dene Behandlungsmöglichkeiten abzuwägen, und bei denen das Risiko einer Komplikation minimal ist. All das sind Interventionen, die in einer unteren oder mittleren Stufe gut abgebildet werden können. Nicht jeder Blinddarm muss vom Maximalversorger behan- delt werden. Meint die Basisstufe die Versorgung im Krankenhaus oder eine Vernetzung ambulanter und stationärer Angebote? Darum dreht sich in der politischen Diskussion im Moment ganz viel. Tatsache ist: Die Politik definiert, was ein Krankenhaus ist. Im heutigen Verständnis muss ein Krankenhaus Medizin, Pflege und Übernach- tung aus einer Hand anbieten. Aber Krankenhaus ist heutzutage eben nicht mehr gleich Krankenhaus. Die Politik tut sich schwer, diese Ausdifferenzierung in einem Regelwerk zu verankern. Das ist nicht trivial. 12LUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL Da könnten auch MVZ eingebunden und das Konstrukt neu gedacht werden? Man ist gerade dabei, das System zu überarbeiten. Dazu kommt als weitere ordnungspolitische Herausforderung, dass wir im Gesundheitswesen das Privileg der Selbstver- waltung haben. Bund und Länder tun sich relativ schwer, diese Strukturen zu durchbrechen. Denn im ambulanten Bereich ist die Bedarfsplanung Sache der Selbstverwal- tungspartner – also niedergelassener Ärzte und Kranken- kassen. Da hat ein Gesundheitsminister keine Handhabe, er kann nicht einfach sagen: So, wir setzen hier noch Krankenhäuser ein, die auch ambulante Versorgung machen. Das würden sich zwar einige wünschen, aber das ist nicht ohne Weiteres möglich. Diese Institution übernimmt also, wo aus medizinischer Sicht eine ambulante Versorgung möglich wäre, aber Pflege benötigt wird. Von Kritikern werden diese „sektorübergreifenden Ein- richtungen“, wie sie im Moment heißen, als „Pflegeheim mit Ärzten“ bezeichnet und darum geht es tatsächlich: die ärztliche Expertise aus dem ambulanten Umfeld einzu- binden. Hier erfolgt im Kern eine hochwertige pflege- rische Überwachung. Ein Beispiel: Ein Gefäßpatient, der aufgrund seiner Lebens- situation zu Hause nicht die notwendige Überwachung oder Betreuung erhält und auch nicht jeden Tag zum Ver- bandswechsel oder zur Nachbehandlung in die Praxis oder zum nächsten Krankenhaus fahren kann, bleibt zwei, drei Nächte in einer sektorübergreifenden Einrichtung. Hier wird der Genesungszustand täglich durch das ärzt-liche Personal überprüft – Verbandswechsel und Betreu-ung er- folgen aber im Wesentlichen durch hoch qualifizierte Ge- sundheits- und Krankenpfleger. Das ist dann also eine stationäre Versorgung mit einer reduzierten Präsenz und Fachlichkeit in der ärztlichen Betreuung. Das ist die Idee dahinter. Es ist notwendig, die fachärztliche Schiene stärker zu konzentrieren, weil wir nicht an jeder berühmen Milchkanne alle Fachärzte vor- halten können. Da müssen wir zwischen den Standorten 13differenzieren: Wo brauche ich die Fachlichkeit in einer entsprechenden Breite und auch Tiefe und wo brauche ich eine abgestufte Fachlichkeit? In der Maximalversorgung habe ich als Tumorpatient dann mehr als nur die Optionen, die mir ein kleines Krankenhaus bieten könnte? Ja, wenn wir es schaffen, die Versorgung zu zentrali- sieren oder bei den Expertinnen und Experten zu konzentrieren, die viel häufiger mit diesen Fällen in Berührung kommen. In einem Krankenhaus, in dem statistisch gesehen gerade einmal in der Woche eine Tumoroperation stattfindet, ist die Qualität der Behandlung nachweislich eine andere, als wenn jede Woche drei solcher Operationen anstehen oder solche Patienten vorstellig werden. Einmal Pankreas, einmal Lunge die Woche – das reicht nicht für tiefe Expertise, richtig? Genau. Sicher müssen wir aber auch in einem großen Krankenhaus aufpassen, dass alle Ärzte diese tiefe „Nicht die Reform gefährdet die Versorgung, sondern jede Verzögerung in der Umsetzung. Wir alle müssen uns verändern und neue Formen der Zusammenarbeit vorleben, um Vertrauen zu schaffen.“ Nils Dehne 14LUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL Expertise gleichermaßen haben. Das ist immer diese Dis- kussion: Steigt die Qualität durch die Mindestmengen auf der Krankenhausebene oder muss man eigentlich die Ebene des einzelnen Arztes betrachten? Das kriegen wir nur hin, wenn wir diese Leistungen stärker an zentralen Standorten konzentrieren. Dann stellen wir auch sicher, dass die Fachlichkeit weitergegeben wird an entspre- chende Assistenzärzte, die während ihrer Ausbildung auch ein breites Spektrum sehen können. Wie kann man eine so große Strukturreform vollziehen? Den Prozess kann man nicht von einem Tag auf den anderen vollziehen, das ist nicht wie eine Blaupause, die man einfach mal dem ganzen Land überstülpt. Das schließt sich schon deswegen aus, weil der Bund und die Länder zum jetzigen Zeitpunkt nicht das Geld haben, diese Strukturreform mit massiven Investitionen in kurzer Zeit durchzudrücken. Wir reden über eine langfristige Entwicklung. Doch dafür ist es sehr wichtig, dass Zielbild und Perspektive möglichst schnell klar sind, damit sich jeder darauf einstellen kann. Man merkt schon jetzt: Immer mehr Ideen von Koopera- tion und Koordinierung einzelner Behandlungen entstehen, weil alle verstanden haben, dass etwas Neues auf sie zukommt und die Lösung in der Zusammenarbeit liegt. Sie liegt nicht mehr darin, dass jeder versucht, allein der Beste zu sein. Wir brauchen also so schnell wie möglich einen klaren gesetzlichen Rahmen – mit einem Zielbild. Dann müssen wir realistische Übergangsszenarien sicher- stellen. An dieser Stelle kann man wohl die meisten Kompromisse eingehen – nicht im Zielbild. Wenn man schon beim Zielbild versucht, alle Kompromisse und Eventualitäten darzustellen, wird das Zielbild zum Zerr- bild. Wir müssen das Zielbild so klar wie möglich halten und Kompromisse eher in der Frage der Geschwindigkeit der Umsetzung eingehen. Denn die hängt davon ab, wie viel Geld wir in eine Anpassung der Strukturen zu inves- tieren bereit sind. Eine Krankenhausschließung kostet ebenso Geld wie der Aufbau von Strukturen in den Krankenhäusern, die gewisse Leistungen konzentrieren sollen. Wie können Investitionen die Reform auf den Weg bringen? Das Allerwichtigste ist, dass die finanziellen Anreize frühzeitig in diese Richtung gehen. Es geht nicht darum, jetzt erstmal alle Krankenhäuser zu erhalten oder mög- lichst gut auszufinanzieren. Denn dann ist die Bereitschaft für Bewegung und Veränderung bekanntermaßen nicht so riesig. Die Finanzierungsanreize müssen möglichst früh Zusam- menarbeit und Abstimmung, vielleicht auch mal den Verzicht auf eine einzelne Leistung fördern. Dafür ist das Vorhaltebudget sehr wichtig. Das neue Vergütungssystem sollte möglichst weit weg von bestehenden Anreizen liegen – als Motivation, sich neu auszurichten. Wir brau- chen frühzeitig veränderte Finanzierungsanreize und ein klares Zielbild. Dann müssen wir ehrlich sagen: „Es wird eine Weile dauern, bis wir dieses Ziel erreichen und die vermeintlich optimalen Strukturen haben.“ Wir nutzen die Lenkungswirkung der Finanzierung? Genau. Weil wir es anders gar nicht schaffen werden. Wir haben nicht so viel Geld, um jetzt spontan alles auf den Kopf zu stellen. Die Wahrheit ist: Man hat nie genug Geld. Selbst wenn der Bundeshaushalt anders aussähe, würden die Gelder, die in den Umbau des Gesundheitswesens fließen, trotzdem bei Schulen oder Brücken fehlen. Genug Geld für alle unsere Baustellen haben wir in unserem System nie. Welche Vorteile hat die Strukturreform für die Versorgung ländlicher Gebiete, welche für den urbanen Raum? Veränderung wird es auf dem Land wie in den Städten geben. Wir haben heute alle Möglichkeiten, eine gute Zusammenarbeit in der medizinischen Versorgung auch über größere Distanzen hinweg sicherzustellen. In Ballungsgebieten wird der Verlust an Krankenhausbetten oder Krankenhäusern am größten sein, weil es dort die größte Überversorgung gibt. Bislang fand man hier recht einfach Patienten, um mit ihnen die Betten zu belegen. Der Veränderungsdruck ist in den Ballungsgebieten viel höher, die sichtbaren Auswirkungen fallen aber vielleicht geringer aus. 15LUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL Den größten Nutzen haben die ländlichen Gebiete, wenn sie die Chance nutzen, ein System zu etablieren, in dem sich die Krankenhäuser eng abstimmen und Behand- lungsabläufe klarer koordinieren. Diese Aufgabe fällt heute leider meistens hinten runter, weil jeder den Anreiz hat, alle Patienten möglichst bei sich selbst zu behalten. Wie wird sich diese Koordinierung der Zusammenarbeit zeigen? Auf dem Land ergibt sich die Rollenverteilung in vielen Regionen bereits aus den vorhandenen Ressourcen. In Ballungsgebieten ist es viel schwieriger, eine neue Rollen- verteilung zu vereinbaren. Hier braucht es auf den ersten Blick niemanden, der darauf achtet, dass der Patient über- haupt ins Krankenhaus kommt, nach der ersten Diagnostik weiter verlegt oder nach einer schweren OP in ein kleine- res Krankenhaus zurückverlegt wird, um in Wohnortnähe besser besucht werden zu können. Dabei kann eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Akteure den ent- scheidenden Unterschied in der erlebten Versorgungs- qualität machen. Wird sich auch die Patientenlogistik ändern? Patiententransporte werden voraussichtlich deutlich zu- nehmen – ebenso die Lufttransporte in der Notfallversor- gung, die reduzierte Strukturen am Boden kompensieren. Das muss man gut organisieren, denn es wird mehr Logis- tik geben und mehr Verkehr. Entstehen neue Maximalversorger auf dem Land? Im Regelfall wohl nicht. Es kann aber für einzelne Regio- nen zutreffen. Bayern hat beispielsweise eine sehr klein- teilige, dezentrale Struktur in vielen Regionen. Schon jetzt legen verschiedene Kreise ihre Krankenhäuser an einem gemeinsamen zentralen Standort zusammen. Auch in Ostfriesland gibt es ein Beispiel: Da macht man aus drei kleinen Krankenhäusern ein neues auf der grünen Wiese, weil das neue effizienter arbeitet und eine qualitativ hoch- wertigere Versorgung ermöglicht. Wie unterstützt die Digitalisierung des Gesundheitswesens Ihre Pläne? Die Wahrheit ist: Diese Reform ist erst jetzt durch digitale Formen der Zusammenarbeit, die digitale Medizintechnik, die digitale Technik zu Hause bei den Patientinnen und Patienten und die digitale Vernetzung möglich. Die Ele- mente der Digitalisierung sind allerdings noch nicht aus- reichend flächendeckend verankert. Die neue Form der Zusammenarbeit funktioniert nur über die Digitalisierung. Die meisten Tools gibt es bereits. Wir müssen sie „nur“ noch an den Start bringen. Konkret heißt das, Patientenakten und Befundberichte für Konsultationen schnell zur Verfügung zu haben? Das sind die wesentlichen Elemente – bis hin zu Video- sprechstunden, zur datengesteuerten Fernüberwachung, zu KI-gesteuerten Überwachungsinstrumenten oder auch zu KI-gesteuerten Vorhersagetools, die es ermöglichen, das Risiko für Komplikationen vorherzusagen, und damit 16eine Allokation an der richtigen Versorgungsstufe erleich- tern. Welche Herausforderungen sind die größten auf dem Weg? Ist die Politik auf Reformkurs, gibt es Rückenwind aus dem Gesundheitsministerium? Ich glaube, dass diese Reform im Sinne aller Kranken- häuser ist, aber wie so oft gibt es unterschiedliche Reak- tionen, Widerstände oder Befürworter. Wir kriegen es nur hin, wenn wir es schaffen, eine neue Form der Zusam- menarbeit zu etablieren. Ich habe die Sorge, dass wir uns eher in Grabenkämpfen verlieren und abschotten, als die neuen Möglichkeiten tatsächlich zu nutzen und gemein- sam zu überlegen, wie wir Versorgung zukünftig realisieren – und wer welchen Teil dazu beiträgt. Diese Reaktionen bei einem Wechsel weg vom wettbewerbs- betonten System scheinen verständlich … Es ist absolut menschlich und ich würde sogar noch weiter gehen: Dank all der Managementkonzepte, die in den letzten 20 Jahren flächendeckend ausgerollt wurden, die auf der Optimierung der eigenen Rolle im bestehenden DRG-System basieren, weiß jeder Marktteilnehmer ganz genau, was er tun muss, um halbwegs erfolgreich zu sein. In der aktuellen Phase der Unsicherheit und veränderter Rahmenbedingungen von Fachkräftemangel, ausbleiben- den Patientenzahlen und veränderten Patientenströmen funktionieren die klassischen Konzepte nicht mehr. Das macht viele hilflos – über Träger und Größenklassen hinweg. Es gibt einfach viele Manager, die sich aktuell nicht vorstellen können oder denen die Fantasie fehlt, jetzt anders zu agieren. Das Umdenken ist die größte Herausforderung für alle Beteiligten. 17Next >