< PreviousLUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL 4. Vernetzung durch Digitalisierung – in den Häusern der Zukunft Gute Dienstleistung ist mehr als nur Dienen am Patienten. Im Krankenhausbetrieb gewinnen Prozesse im Sinne eines optimierten Workflows eine immer größere Be- deutung. Dabei finden Untersuchun- gen immer öfter mobil statt – ob am Patientenbett oder am OP-Tisch. Um Kosten zu sparen, teilen sich Abteilun- gen Medizingeräte wie etwa mobile Ultraschallgeräte, Infusionsspender oder auch Rollstühle. Im Betrieb ver- bleiben diese oftmals dort, wo sie zu- letzt zum Einsatz kamen, und sind nur noch schwer zu lokalisieren. Laut einer Umfrage der Zeitschrift „Nursing Times“ benötigen Krankenschwestern durchschnittlich eine Stunde pro Schicht, um nach notwendigen Gegenständen oder Materialien zu suchen. Dieser Umstand führt an an- derer Stelle dann zu Verzögerungen im Prozess, gepaart mit Unzufrieden- heit über zu lange Wartezeiten. Da- neben entstehen teilweise unnötige Mehrkosten für die Neubeschaffung von Geräten. Abhilfe soll ein Pilotprojekt zur „Real Time Location“ zusammen mit Sie- mens Healthineers in Kooperation mit dem Städtischen Krankenhaus Braun- schweig schaffen: Über ein Bluetooth- Signal kann man die mit einem Sender versehenen medizinischen Geräte im Haus auf Knopfdruck lokalisieren. So können mobile Kleingeräte, Endos- kope, Rollstühle, Betten und Operati- onsgeräte geortet werden, melden ihren Standort selbst und können so optimal gewartet werden. Im hektischen Klinikalltag verspricht dies eine große Erleichterung für Ärzte, Pflegepersonal und die Medi- zintechniker. Smarte Medizingeräte, die selbstständig kommunizieren, er- höhen gleichermaßen die Qualität der Patientenversorgung und die Effekti- vität sowie Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern. Via App oder Brow- seranwendung haben Mitarbeiter Zu- griff auf den aktuellen Standort und sehen das Gerät auf einer Karte: Wird ein bestimmtes Objektdringend be- nötigt, stellt ein Arzt oder eine Kran- kenschwester eine Anfrage. Darüber hinaus zeigt die Funktion weitere Daten wie Gerätetyp, Inventarnum- mer und technische Merkmale an, nach denen auch gesucht werden kann. Dies hilft vor allem dem Perso- nal, die benötigte Ausrüstung immer wieder zu finden – das spart Zeit und stärkt die Zufriedenheit im Ar- beitsalltag. Soll ein Gerät einen be- stimmten Bereich nicht verlassen, wird für diesen Fall eine Meldung aus- gelöst. Mit Smart-Tracking kann eine Gesundheitsorganisation so den Miss- brauch ihres Eigentums reduzieren und es besser vor Diebstahl sichern. Neben dem Suchen mobiler Geräte sind zu einem späteren Zeitpunkt wei- tere Funktionen denkbar. So könnte eine Patienten- und Besucher-App für das Smartphone mit einer Navigations- 28funktion bei der Orientierung im Haus unterstützen. Ein integrierter Kalen- der erinnert den Patienten rechtzeitig an Behandlungstermine und über- nimmt die Wegführung. Sollte sich ein Termin nach vorn oder hinten ver- schieben, bekommt er eine Benach- richtigung – so werden Wartezeiten für alle Beteiligten verkürzt. Weitere mögliche Features sind eine Erinne- rungsfunktion für Untersuchungen und Termine. Der Patient, der sich im Krankenhaus bewegt, ist so in der Lage, standortbezogene Informatio- nen zu erhalten – vom vereinfachten Check-in-Prozess über die Navigation durch das Krankenhaus bis zur Aktua- lisierung des Behandlungsprozesses. Durch die Anwendung einer solchen Plattform und durch mehr digitale Interaktion werden fortlaufend neue Daten generiert. Diese Daten können verwendet werden, um die Prozesse weiter zu verbessern, um die Kosten zu reduzieren und in vielen täglichen Aufgaben effizienter zu werden, mit dem Ziel, Effizienz und Zufriedenheit zu stärken. Weitere Funktionen könn- ten beispielsweise Auslastungs- und Wartungsanalysen der Geräte und Anwendungen der Workflow-Opti- mierung oder zukünftig der Einsatz künstlicher Intelligenz sein. Grundlagen anwenden und Versorgung sicherstellen ist das eine. Erfahrungen sammeln, auswerten, optimieren, weitergeben und teilen ist mehr. Der Einsatz modernster vernetzter Technik führt zu einem immer höheren Maß an Verlässlichkeit für die Patienten.LUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL Das Pilotprojekt zur „Real Time Location“ in Kooperation zwischen Siemens Healthineers und dem Städtischen Kranken- haus Braunschweig soll das Auffinden von Geräten und Material vereinfachen: Über ein Bluetooth-Signal kann man die mit einem Sender versehenen medizinischen Geräte im Haus auf Knopfdruck lokalisieren. So können mobile Kleingeräte, Endoskope, Rollstühle, Betten und Operationsgeräte geortet werden, melden ihren Standort selbst und können optimal gewartet werden.LUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL Zielführend. Empfehlungen und Software-Lösungen. 5. Software-Services für Krankenhäuser und Kliniken In Sachen Digitalisierung gilt das Gesundheitswesen trotz Wachstums der Branche in Deutschland weiterhin als Schlusslicht. Insbesondere private und freigemeinnützige Krankenhaus- konzerne stocken ihre Investitionen in die Digitalisierung bereits erheblich auf. Auch große Player wie Amazon und Google erschließen sich aktuell den Markt als Betreiber von Kranken- häusern, als digitale Krankenkasse oder als Anbieter von Datenaustausch wie etwa Apple-Health. Diese globa- len Entwicklungen bedeuten auch für das Klinikum Braunschweig eine wirt- schaftliche Herausforderung. Ihr zu begegnen, bedeutet nicht nur eine Verbesserung der IT-Unterstützung im Betrieb des Klinikums, sondern eine Re-Positionierung des Klinikums in der Versorgungslandschaft. Krankenhausanbieter stellen sich einer immer stärkeren Differenzierung ihrer Kundenwünsche, die sich unabhängig vom Alter und der sozialen Herkunft nicht mehr schematisch und linear erfassen lassen. Mit einem differen- zierten Leistungsprofil lässt sich ein Markenbild aufbauen. Für Patienten rücken weiche Faktoren wie das Am- biente, aber auch individualisierte Ernährungs- und Serviceangebote als Kriterien bei der Auswahl eines Krankenhauses stärker ins Blickfeld. In Zukunft werden Menschen dank eines noch längeren und vitaleren Lebens ihre Biographie immer indivi- dueller gestalten können und müssen – Gesunderhaltung wird dabei zum zentralen Thema. Patienten, Mitarbeiter und Partner des Klinikums erwarten zeitgemäße Technologien und Services. Zentral werden hier Software-Lösungen wie etwa ein Patientenportal, über das der Patient sich im Vorfeld über den Eingriff informieren, aber auch schon im Vorfeld seine Bestellung bei der Menü-Auswahl erledigen kann. Das erzeugt Patientenzufriedenheit und auf Seiten der Einrichtung Zeiterspar- nis. So wird etwa ein Geburtshilfe- Portal alle Stakeholder vernetzen: Schwangere, Gynäkologe, Kranken- kasse und Krankenhaus haben Zugriff. Auch wenn das Unternehmen skbs.di- gital erst kürzlich gegründet wurde, zeigen sich schon erste Ergebnisse: Das Klinikum hat letztes Jahr eine Digitalisierungsstrategie entwickelt und ein Projekt zur digitalen Transfor- mation gestartet. Ziel ist es, zum aktiven Anbieter von Gesundheits- dienstleistungen zu werden und die Bedürfnisse des Menschen – ob Pati- ent oder Mitarbeiter – in den Fokus zu nehmen. Als Krankenhaus in kommu- naler Trägerschaft hat das Klinikum eine besondere Verantwortung für die Region: Neben attraktiven Arbeits- plätzen geht es um denService am Patienten. Hier sollen die Vorteile 32Mit dem Wissen aus der Praxis: Der Schlüssel, um aussagefähige Datenströme zu erfassen, zu analysieren und in Diagnostik und Therapie einfließen zu lassen, erfordert eine genaue Kenntnis aller Anforderungen an die Big-Data-Welt. Und das Verständnis der KI. Für eine kluge Vernetzung. Für einen erfolgreichen Austausch der Erfahrungen. Damit wir noch besser miteinander zusammenarbeiten. neuer Technologien bestmöglich er- schlossen werden. Dabei geht es um die Optimierung der gesamten Prozesskette des „Patien- ten-Journeys“ – von der Einweisung bis zur Entlassung – auch im ambulan- ten Bereich. Im Vordergrund stehen dabei Präventionsangebote, Patien- tensteuerung und Prozesse zu ver- schlanken, etwa mit Telemedizin, um Wartezeiten zu reduzieren. Dabei sollen Nutzer wie etwa auch Patienten in den Prozess aktiv einge- bunden werden: So spielen Apps zukünftig eine große Rolle bei der Kommunikation zwischen Patient und Klinik. Dabei soll es aber nicht bleiben. Es geht um die Verbesserung der Qualität und eine Erweiterung des Leistungsportfolios für den Menschen. Diese Aspekte sollen ganz konkret erfahrbar werden: So kann der Arzt via Tablet am Patientenbett aktuelle Studienergebnisse zur Diagnose ab- rufen, zu Hause kann der Patienten individuell angepasste Präventions- angebote nutzen. Die älter werdende Gesellschaft ist im Zuge der steigenden Lebenser- wartung immer mehr bereit, für ihre Gesunderhaltung Zeit und Geld zu investieren – ob aus privater Tasche oder mit Hilfe der Sozialkassen. Für Krankenhäuser wird es immer zentra- ler, den späteren Patienten bereits frühzeitig als „Gesunden“ anzuspre- chen, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. So können Gesundheits- daten mithilfe intelligenter Technik wie etwa einer Smart-Watch schon au- ßerhalb des Krankenhauses direkt am Patienten erstellt und ausgewertet werden. Auch Monitoring ist in Zu- kunft möglich: Der Patient kann früher aus dem Krankenhaus entlassen wer- den und der Genesungsprozess wird daheim weiter überwacht.Die älter werdende Gesell- schaft ist im Zuge der stei- genden Lebenserwartung immer mehr bereit, für ihre Gesunderhaltung Zeit und Geld zu investieren – ob aus privater Tasche oder mit Hilfe der Sozialkassen. Für Krankenhäuser wird es immer zentraler, den späte- ren Patienten frühzeitig als „Gesunden“ anzusprechen, um ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. LUST AUF GUT | SKBS.DIGITALLUST AUF GUT | SKBS.DIGITAL 6. Kooperation mit der Industrie als Entwicklungs-Partnerschaft Datenplattform als Basis personalisierter Medizin Die Vernetzung des Wissens mit ihren heute digitalen Möglichkeiten der Auswertung verändern grundlegend die Art und Weise, wie wir forschen, Arzneimittel entwickeln, Krankheiten diagnostizieren, behandeln und vor- beugen. Bereits in den 1990er Jahren vernetzten sich in der Wissenschaft verschiedene Disziplinen und Akteure miteinander: Immer schneller konnten riesige Mengen gesundheitsrelevanter Informationen über Patienten und deren Krankheiten erfasst werden. Es kam zu einer regelrechten Wissensex- plosion – die notwendige Informati- onstechnologie, um diese Daten zu prozessieren, zu ordnen und zu analy- sieren, blieb dahinter zurück. Der Einzug der digitalen Technologien in die Forschung ändert dies nun grundlegend: Mittlerweile ist es mög- lich, sehr große Datenmengen aus unterschiedlichsten Quellen wie etwa Bildgebung, Histologie, Laborbe- funde, Arztbriefe, Verschreibungen, Einschätzungen des Patienten über seinen eigenen Gesundheitszustand sowie Forschungsdaten zu sammeln und auszuwerten. Solch riesige Men- gen an Daten können nur durch voll di- gitalisierte Prozesse optimal genutzt werden. Die Digitalisierung hilft dabei, sogenannte Big Data zu erheben, zu prozessieren, auszuwerten, zu inter- pretieren und im nächsten Schritt für alle Ebenen der Wertschöpfungskette im Gesundheitssystem nutzbar zu ma- chen. Die Auswertung patientenzent- rierter Big Data ist im Vergleich rund neunmal schneller: Was einen Men- schen rund drei Stunden Zeit kostete, konnte digital in 19 Minuten erfolgen. Im medizinischen Arbeitsalltag spielen Effizienz des Workflows wie auch eine nutzerfreundliche Anwendung eine entscheidende Rolle – Ärzte, Pflege- personal und Patienten sind keine Digitalexperten, keine IT-Profis, Soft- wareingenieure oder Molekularbio- logen. Nur mit greifbaren sowie verständlichen Auswertungen und Erkenntnissen kann der Transfer von Wissen aus Forschungslaboren in die praktische Anwendung beim individu- ellen Patienten gelingen. So ist mo- derne Medizin datengetrieben. Die Digitalisierung ist der Katalysator, um personalisierte Medizin in die Praxis zu bringen. Das wird besonders in der Onkologie sichtbar. Personifizierte Daten, etwa elektronische Patientenakten, Ver- laufskontrollen und Laborbefunde, müssen so erfasst, gesammelt und ge- speichert werden, dass sie möglichst intuitiv auffindbar sind. Basierend auf innovativen Softwarelösungen im Bereich elektronischer Patientenakten im Fachgebiet der Onkologie können unterschiedlichste Daten onkologi- scher Patienten zusammengeführt werden. Verknüpft man valide Daten 36Heute sind gute Gedanken wertvoller denn je. Nur gemeinsam lassen sich die großen Themen angehen. Vorbereiten. Lösen. Weiter entdecken. Umsetzen und anwenden. mit digitalen Lösungen zur Auswer- tung, sprechen wir von molekularer Information. Doch nur durch die Digi- talisierung ist die entscheidende Transferleistung möglich. Sie gibt uns die Möglichkeit, mithilfe molekularer Big Data bessere Therapieentschei- dungen für den Patienten abzuleiten, die bei der Krebstherapie den ent- scheidenden Unterschied machen können. Patient und Arzt wünschen sich das bestmögliche Behandlungs- ergebnis – personalisierte Medizin hilft ihnen dabei, die Digitalisierung macht es möglich. Heute wissen wir so viel wie noch nie über die Entstehung, das Fortschrei- ten und die Aggressivität von Krebs. Anhand der Daten können Onkologen Tumore überwachen und ablesen, wie sich der Krebs eines Patienten im Laufe der Zeit verändert. Darauf basierend ist es möglich, den besten Behandlungsplan für einen bestimm- ten Patienten auszuwählen. Darüber hinaus können anonymisierte Patien- tendaten zusammengefasst und zur Identifizierung neuer potenzieller Therapieziele verwendet werden. For- scher können sich anhand der moleku- laren Information auf die Entwicklung neuer Behandlungsansätze in Ge- bieten mit dem größten unerfüllten medizinischen Bedarf konzentrieren. Daten werden aussagekräftig und er- möglichen es, wegweisende Entschei- dungen zu treffen. Als größtes Biotech-Unternehmen ist Roche weltweit mit differenzierten Medikamenten im Schwerpunktbe- reich Onkologie bekannt. Zu den Zielen des Unternehmens gehört es, durch Kooperationen mit Partnern den Zugang von Patienten zu medizi- nischen Innovationen in der Praxis zu verbessern. Vor diesem Hintergrund entsteht aktuell das zunächst auf zwei Jahre angelegte Kooperationsprojekt zwischen Industrie und Krankenhaus zur Implementierung einer personen- zentrierten Datenplattform in die Praxis – Roche als Industriepartner zusammen mit dem Städtischen Klini- kum Braunschweig: Eine große Menge an Patientendaten aus der klinischen Praxis, gespeist von mehreren hundert Kliniken und Praxen aus der ganzen Welt, wird als Technologienplattform verwaltet, vernetzt, analysiert und für Forschung und Praxis nutzbar ge- macht. Das interdisziplinäre Projekt- team besteht aus IT-Spezialisten auf beiden Seiten wie auch aus Onkologen und der Tumorboard-Koordinatorin sowie Vertretern für Change-Manage- ment. Das Kernteam trifft sich alle zwei Wochen, im großen Kreis tagt die Runde vierteljährlich. Entscheidend ist der agile Ansatz als Prozess – um gemeinsam die Daten- und Anwen- dungsparameter zu entwickeln, zu evaluieren und im laufenden Betrieb immer wieder nachjustieren zu können. Um digitale Technologien und ent- sprechendes Expertenwissen zukünf- tig bestmöglich nutzen zu können, wird auch künstliche Intelligenz (KI) bei der Auswertung von Daten, der Diagnose und Behandlung unterstüt- zen müssen. Apps, die dabei assistie- ren, Krankheiten aufzuspüren, gibt es bereits, ebenso wie Chatbots (kom- munizierende Roboter) zur Patienten- betreuung. Früher oder später werden KI-basierte Anwendungen hinzukom- men, die nicht nur einen individuellen Befund, sondern konkrete Handlungs- empfehlungen geben können. Big Data, Digitalisierung, „Usability“, KI – das klingt nach einer technisch- abstrakten Welt, in deren Zentrum ein Algorithmus steht und als Ergebnis komplexe Zahlen und Daten heraus- kommen. Doch richtig angewendet kann KI ein hilfreiches Werkzeug sein, um das Wohlergehen des Patienten durch erhöhte Behandlungserfolge immer weiter zu verbessern.Next >