< Previous48 Seit fast fünf Jahren begleitet das Team von „Platzhirsch Home.Living“ Menschen, die Wert auf zeitgemäße und hochwertige Einrichtung legen. Im 800 Quadratmeter großen Schauraum in Lochau bei Bregenz werden Kollektionen verschiedener Hersteller für den Wohnbereich, das Schlaf- zimmer, die Küche und den Outdoorbereich präsentiert. Herz des ex- klusiven Wohnstudios ist die Marke MINOTTI mit der größten Ausstellung im Umkreis von 500 Kilometern. Hier sind ausgewählte Stücke der aktuellen Kollektionen zu sehen, die durch innovative Materialien, exklusive Textilien und italienische Handwerkskunst bestechen. Ein Highlight der neuen „2022 Collection“ ist das modulare Sitzprogramm Horizonte von Marcio Kogan/studio mk27, das sich fast endlos variieren lässt. Dank des mattschwarzen Metallsockels scheint das Sofa zu schweben. Sitzkissen, Rücken- und Armlehnen sind auf einer Plattform angeordnet, die bei einigen Elementen herausragt und als Beistelltisch dient. Horizonte besticht durch seine Weichheit. Aufgrund der in Polyurethan eingebetteten Taschenfederung bleibt das Formgedächtnis der Kissen stets erhalten. Twiggy ist ein ikonisches Sitzmöbelprogramm, das die hohe handwerkliche Schneiderkunst von MINOTTI zeigt. Es beeindruckt mit seiner geometrischen Form und einem hohen Sitzkomfort. Der Entwurf von Rodolfo Dordoni besteht aus verschiedenen Sesseln mit und ohne Armlehnen, einer Bank, einer Couch und einer Chaiselongue mit schicken Bezügen aus Leder oder Stoff. Durch die Matelassé-Naht und das geschwungene Untergestell wirkt jedes Teil außergewöhnlich. Auch Twiggy lässt sich nach Belieben modellieren und an wechselnde Bedürfnisse anpassen. Mit der Kollektion Sendai, entworfen von Inoda+Sveje, vertraut das japanisch- dänische Designerduo die Kunst des Holzschleifens der Fertigungskom- petenz von MINOTTI an. Das kleine Sofa, der Sessel sowie die Dining- und Loungesessel stehen auf polierten Beinen. Alle Sessel sind auch in der drehbaren Ausführung erhältlich. Die niedrige Silhouette der Sitzmöbel zum Ess- und Loungetisch Oliver – hier abgebildet mit der Marmorplatte Grigio Arabescato – ermöglicht eine neue Optik im Esszimmer. LASSEN SIE SICH INSPIRIEREN: Besuchen Sie unseren Schauraum, wo Kollektionen verschiedener Marken von MINOTTI über Poliform, Rimadesio, ClassiCon, Brand van Egmond, Treca Paris, Desalto, bis Flos und Quasar u.v.a. edel in Szene gesetzt sind. Einrichtungs-Kultur | Platzhirsch Wohnstudio Living Home of DIE LEIDENSCHAFT DES VORARLBERGER WOHNSTUDIOS PLATZHIRSCH FÜR „MADE IN ITALY“49 PLATZHIRSCH WOHNSTUDIO Interior Design www.platzhirsch.studio Landstraße 11 A – 6911 Lochau T: +43 (5574) 462 55 MINOTTI Sitzprogramm Horizonte von Marcio Kogan/studio mk27 MINOTTI Sitzmöbel Sendai von Inoda+Sveje und Tisch Oliver von Rodolfo Dordoni MINOTTI Stuhlfamilie Twiggy von Rodolfo Dordoni 50 RoC-Kultur | Porträt - Gerold Schneider Almhof Schneider Hotel *****S www.almhof.at Tannberg 59 A – 6764 Lech am Arlberg T: +43 (5583) 3500 Foto: Markus Haner51 Es würde Gerold Schneider wahrscheinlich nicht gerecht werden, ihn auf seine Gastgeberrolle im Almhof Schneider in Lech am Arlberg zu reduzieren. Wir lernten ihn von seiner re- bellischen, visionären und streitbaren Seite kennen. Ein Mann zwischen den Konzepten und Strategien des erfolgreichen, einsichtigen Hoteliers und denen des Kulturraumschaffenden und des Denkers für das Machbare in Zeiten der strukturellen Veränderungen für das Gemeinwohl. Gerold Schneider und seine Frau Katia schufen auf der einen Seite ein wunderbares, behagliches Zuhause für ihre Gäste und sind auf der anderen Seite rastlos getrieben von den Herausfor- derungen, die dem ganzen Alpenraum, insbesondere auch ihrer Heimatgemeinde Lech, bevorstehen. Unser geplanter „Luxus- 5-Sterne-Superior-Hotelbericht“ wich einem über mehrere Stunden andauernden Diskurs und leidenschaftlichen Plädoyer eines intellektuellen, fürsorgenden Familienvaters und gebore- nen Bergmenschen. Wir finden, Lech mag viele 5-Sterne-Hotels haben, aber Männer, die das Leben der Einheimischen, deren zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten und Zukunftsperspekti- ven ganzheitlich denken, nur wenige. Grund genug für uns, den Mensch Gerold Schneider zu beleuchten und den Unternehmer und Hotelier nur kurzzeitig für euch auf die Bühne zu holen. Vor dem Aufkommen des Tourismus lebte die Region jahrhun- dertelang von der Landwirtschaft und nichts deutete darauf hin, dass sie einst zu jenem luxuriösen Flecken Erde werden würde, der sie heute ist. Die Almhof-Geschichte begann vor langer Zeit, im Jahr 1451, als sich die Familie gemeinsam mit einigen wenigen anderen als Auswanderer aus dem Wallis hier niederließ. Am Anfang war der Almhof, Bergbauernhof und Teil des hochalpinen Weidelandes. Die Dinge änderten sich erst zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Das Skifahren begann sich in Europa zu verbreiten, und der Arlberg wurde zum Ort der ersten Wahl, um diesen Sport zu erlernen. Die Geschichte der Gastgeberschaft im Almhof beginnt mit sei- nen ersten Gästen im Jahr 1929. Gerolds Urgroßvater Wilhelm und sein Großvater Leopold wandelten Teile des Bauernhofs in Gästezimmer um. Bis in die 80er war es ein klassisches Sport- hotel. Heute sind Gerold und seine Frau Katia verantwortlich für den Almhof. Mitte der Neunziger waren sie es, die die Her- ausforderung eines neuerlichen Generationenwechsels ernst nahmen und einen zeitgemäßen Zugang mit der langen alpinen Tradition des Hotels verbanden. Gerold hat hier seine Kindheit verbracht, studierte später in Wien Philosophie, Architektur- und Kunsttheorie. Dort lernte er seine Frau Katia kennen, die ebenfalls Architektur studierte und ihre Berufung darin fand. „Gerold ist nicht einfach nur Hotelier“, sagt seine Mutter. „Er hat eine echte Vision.“ Viel davon ist im Almhof sichtbar. Die durchgängige Erneuerung des Hauses erlaubte sowohl der älteren als auch der jüngeren Gästegeneration, die legendäre Gastfreundschaft der Familie neu zu erleben. Umfassende Um- bauarbeiten erweckten eine fast skulptural anmutende Parkga- rage sowie einen großzügigen Spa-Bereich zum Leben. und auch ... Hotellegende52 Weitere klug geplante Erweiterungen werden in den kommenden Jahren das Projekt „Almhof“ in voller Pracht erstrahlen lassen. „Das wird der Abschluss unseres Beitrages zur Geschichte unseres Hauses sein“, sagt Gerold. Der andere Teil seiner Vision ist ge- meinschaftlich: „Ein einzelnes Hotel ist immer nur ein kleiner Teil einer Destination. Wir werden uns in den nächsten Jahren darum bemühen, die Zukunft unseres Dorfes neu zu verhandeln.“ Diese Verhandlung der Möglichkeiten und Chancen hat für Gerold schon vor langer Zeit begonnen. Zu seinem Leidwesen musste er aber erkennen, dass die Wände der geistigen Haltung im Dorf bisweilen die gleiche Härte aufwiesen wie der Fels rundherum in den Bergen. Wir wissen, alles beginnt mit der Bereitschaft zur Veränderung, gefolgt von der Möglichkeit und der Kompetenz dafür. Wenn diese nicht gegeben sind, wird es für jeden noch so engagierten Menschen schwer, Dinge zu bewegen. Gerolds Motto könnte sein: „Dem Gehenden legt sich der Weg unter die Füße.“ Und er begann mit seiner Frau den Pfad der kleine- ren Schritte zu beschreiten. Vorbild sein, Ideen umsetzen und ganz viel Wissen teilen, könnte ein Beginn von etwas Großem sein. Mit Katias und Gerolds Kulturinitiative „allmeinde common- grounds“ schufen die beiden einen Ort der Begegnung für Vordenker, Wissende, Kulturschaffende, Künstler, Musiker und für Menschen, die bereit sind, jenseits des Gewohnten zu denken, achtsam Entwicklungen wahrzunehmen und den Ruf des zukünftig Notwendigen zu hören. Außen eine verwitterte Scheune, innen moderner, multifunktionaler Raum. Architek- tonisch ein brillantes, auch international ausgezeichnetes Beispiel einer behutsamen Renovierung alter Bausubstanz. Die „allmeinde“ ist der Konzeption nach ein physischer Ort, der Raum für Dialog, Reflexion, Wissensvermittlung und ästhetische Erfahrung bietet. Kultur nach dem Prinzip der „Allme(i)nde" ist also als „Gemeingut" zu verstehen, nimmt Bezug zu alten bäu- erlichen, letztlich aber immer noch aktuellen Formen sozialen Wirtschaftens auf. Gerolds philosophischer Hintergrund erklärt dieses Unterfangen ebenso wie Katias Architektur-Diplomarbeit mit diesem Projekt für eine alpine Kulturinstitution. So entstehen wunderbare Be- gegnungen mit außergewöhnlichen Menschen, die Haltung zei- gen, kreativ denken und Wissen durch Teilen vermehren. Walter Niedermayr, Erwin Wurm, Margherita Spiluttini, James Turrell, um nur einige zu nennen, hauchten diesem Ort schon ihren Geist ein. Kunst als Medium der Reflexion. Die Wirklichkeit neu betrachten, verhandeln und relevante Fragen zu stellen. Gerold Schneider stellt diese Art von Fragen, macht sich Ge- danken um das Gemeinwohl und betrachtet die Entwicklung in seiner Heimatgemeinde sehr kritisch. Es geht um Werte, die es gilt einzuhalten, zu stabilisieren und neu wiederzuentdecken. Zu viel Spekulation, zu viel Konkurrenzverhalten und zu wenig Mit- und Füreinander. Den einzelnen Akteuren geht es zwar sehr gut, der Besitzstand wird vermehrt und bei den Luxushotels bzw. RoC-Kultur | Porträt - Gerold Schneider Foto: Markus Haner53 Appartementhäusern der richtigen Größe und richtigen Ster- nekategorie klingelt ordentlich die Kasse. Aber was passiert mit den vielen kleinen Pensionen, Gewerbetreibenden, Hand- werkern, Ladenbesitzern? Menschen, die eine funktionierende Infrastruktur gewährleisten und ein Dorfleben auch außerhalb der Wintersaison erst möglich machen, fallen komplett durch dieses Raster. Junge Familien sind gezwungen, ihren Heimatort zu verlassen, da es für sie keine Perspektive gibt. Dafür werden Investorenprojekte, wie z.B. das neue Gemeindezentrum, ermöglicht und gefördert, über deren Sinnhaftigkeit für die Zukunft des Dorfes man ernsthaft diskutieren kann. Die extreme Preisentwicklung und die teilweise schwer nach- vollziehbaren Bauvorschriften ersticken alle Bemühungen, die für eine gesunde Dorfentwicklung dringend notwendig wären, schon im Keim. In Gerolds Brust schlagen zwei Herzen: das Herz des Hoteliers und Geschäftsmanns, aber auch das Herz für das Gemeinwohl, für das er besonderen Handlungsbedarf sieht. Das eine zu tun, ohne das andere zu lassen, ist für ihn seine selbstaufer- legte Pflicht. Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, die notwendigen Dinge anzupacken und immer wieder zur Sprache zu bringen, unermüdlich da hinzuschauen, wo sich Schatten auftun, und das aufzudecken, was am liebsten verborgen blei- ben möchte - ob es die Neugestaltung des Schulsystems im Dorf ist, Alternativen für die saisonale Abhängigkeit zu entwik- keln, die fehlende Infrastruktur zu erneuern, neue Verkehrslö- sungen zu finden, Bauvorschriften an den notwendigen Wandel anzupassen oder neues Wissen von außen hereinzuholen, um alte, verkrustete Denkweisen aufzubrechen. Die Gemeinde Lech steht hier nur modellhaft für Entwicklun- gen, die derzeit in zahlreichen touristischen Alpendestinatio- nen zu beobachten sind. Das Zusammenspiel von dörflicher Gemeinschaft und urban geprägtem Publikum, touristisch ver- marktetem Außen- und erlebtem Selbstbild, regionaler Wert- schöpfung und globalen Kapitalflüssen stellt die Entwicklung der Gemeinde zunehmend vor kaum mehr zu bewältigende, soziokulturelle und ökonomische Herausforderungen. „Herkunft braucht Zukunft“ nennt es Jens Badura. Er ist Profes- sor und forscht an der renommierten ZCCE (Zurich Centre for Creative Economies) in Zürich. Zudem auch Mitbegründer der „creativeALPS“-Initiative. Die Alpen neu denken – ein trans- disziplinäres Team arbeitet unter seiner Leitung an der Ent- wicklung neuer Narrative für die Zukunft des Alpenraums und erkundet dabei die kulturellen Ressourcen, die der alpine Raum dies- und jenseits gewohnter Klischees bietet. Die fachlichen Perspektiven der Teilnehmenden sind divers: Handwerk, Wis- senschaft, Kulinarik, Kultur und Kunst kommen zusammen und wirken miteinander. Der Wissensaustausch und die Zusammen- arbeit mit solchen Menschen und Gemeinschaften inspiriert Gerold Schneider und lässt ihn die Entwicklungen aus vielen möglichen Perspektiven, forschend wie vermittelnd, in einem großen Spannungsfeld von unterschiedlichen Lebensentwür- fen in Bezug auf das Gemeinwohl betrachten. So versteht sich die „allmeinde commongrounds“ im übertragenen Sinne vor allem als ein Netzwerk von Menschen, die in unterschiedlichen Zusammenhängen, Zusammensetzungen und Intensitäten den gemeinsamen Diskurs fördern und mit ihrer jeweiligen Exper- tise bereichern möchten. Wir würden an dieser Stelle die „Punkte der Überschrift“ auflösenundumdieWorteRebell,Gutmacher,Idealistund Vorausschauender erweitern. ... Gerold und Katia SchneiderFinding the line RoC-Kultur | Porträt - Lorraine Huber Foto: Audi55 Die Rede ist von Lorraine Huber, einer Frau, die in ihrem Sport, dem Freeriden, alles erreicht hat, was man sportlich erreichen kann, und die neben den hohen, steilen Sprüngen und den schnellen Kurven trotzdem nie die Boden- haftung verloren hat. Der Arlberg ist als Wiege des Skifahrens weit über seine Landesgrenzen hinaus bekannt. Im in- ternationalen Vergleich der Skigebiete steht dieser sicher ganz oben und nimmt einen der ersten Plätze ein. Darüber hinaus ist er auch die Heimat von besonderen Menschen, die sich neben Luxus- hotels, Jetset und Sterneküche einen Namen gemacht haben und ihren Weg gegangen sind. Nicht laut, nicht reißerisch und doch sehr auffällig. Alles, was zählte, waren die pure Leidenschaft, Ziele zu erreichen und ein eiserner Durchhaltewille. Als Marco (der Fotograf) und ich (der Geschichtenerzähler) im März dieses Jahres an einem „Skitouren- Camp“ von Lorraine und Audi teilnahmen, war uns nach diesen herrlichen Tagen klar, dass wir die ge- sammelten Eindrücke und Erlebnisse nicht für uns behalten dürfen. Der Entschluss war schnell gefasst: Wir wollten ein Porträt von dieser beeindruckenden Sportlerin und besonderen Frau erstellen. Das hier ist nun unsere Story, die einen Ausschnitt aus ihrem Leben erzählt.56 Lorraine ist eine der beiden Töchter von Christine und Hermann Huber, die in Lech am Arlberg zur Welt kam, um danach Freeride-Geschichte zu schreiben. Aber bis es dazu kam, war es noch ein langer Weg. Kein so großes, überraschendes Kunststück, könnte man meinen angesichts der Tatsache, dass Lor- raine mitten in den Bergen geboren wurde, noch dazu als Tochter eines Skilehrers. Wäre da nicht ihre besondere, ja ganz eigene Lebensgeschichte. Lorraine zog im Alter von acht Jahren mit ihrer ganzen Familie nach Australien, der Heimat ihrer Mutter, und lebte dort bis zu ihrem 18. Lebensjahr im Surferparadies Torquay, Victoria. Das Leben wollte es aber, dass sich die Eltern trennten und ihr Vater zurück nach Lech am Arlberg zog. Ab diesem Moment verbrachte Lorraine, als totales Vaterkind, als das sie sich selbst bezeichnet, alle Ferien in ihrer alten Heimat damit, ihrem geliebten Skifahren nachzugehen. Als Vierzehnjährige dann wollte sie es beim fröhlichen „Runterwedeln“ der Piste nicht mehr belassen. Sie spürte, dass in ihr mehr Potenzial steckte, und wollte es ihrem Vater gleichtun. Als „Lecher Madl“ hatte sie die perfekte Gelegenheit, bei der örtlichen Skischule gratis Unterricht von den Besten zu bekommen. Hier lernte sie, „im Gelände frei zu schwingen“, und stieg innerhalb der Schule an die Spitze zur „1A-Gruppe“ auf. Damals fasste sie das ambitionierte Ziel, dass sie irgendwann die erste Frau in Lech sein wollte, die diese Gruppe führen wird. Nach allen vorgeschriebenen Ausbildungen war es dann endlich so weit: Lorraine führte die „1A- Skigruppe“ für drei Jahre an. RoC-Kultur | Porträt - Lorraine Huber „Erstens verstehe ich, wie frustrierend es ist, wenn man seine Ziele nicht erreichen kann. Und zweitens möchte ich, dass du weißt, dass es nicht das rohe Talent ist, das Weltmeisterschaften gewinnt; es gehört viel mentale Stärke dazu. Man muss aber nicht mental stark geboren werden. Es ist eine Fähigkeit, die man lernen kann – genau wie ich es getan habe.“ (Lorraine Huber)57 Damals noch oft ohne Felle, die Ski geschultert und unzählige Höhenme- tern im Gepäck. Danach absolvierte sie die klassische Ausbildung als Ski- lehreranwärterin, Landesskilehrerin und staatlich geprüfte Skilehrer- und -führerin. In dieser Zeit studierte sie parallel Betriebswirtschaft in Wien. Zu der damaligen Zeit konnte sie es sich noch nicht vorstellen, einmal zu hundert Prozent von diesem Beruf leben zu können. Mit 23 Jahren gründete Lorraine, gemeinsam mit ihrem damaligen Partner, die erste Freeride- Schule Österreichs, das Freeride Center Sölden im Ötztal. Das war ihr erster Schritt, der sie weit weg vom konventionellen Leben führte und sie voll und ganz „Freeriderin“ werden ließ. Die erste Professionelle mit dieser Ausrichtung, in ganz Österreich. Sie gestaltete diesen Sport und Beruf von Anfang an mit und prägt ihn bis heute. Erste Sponsoren, erste Aufträge und allerdings auch ein Vater, der das gar nicht so gut fand, wie man es vielleicht vermuten würde. Er wollte, dass seine Tochter einen krisenfesten und zu ihrem Studium passenden Beruf ergreift, nicht so viel riskiert und auf Num- mer sicher geht. Trotz dieser immer wieder kritischen Anmerkungen ihres Vaters war es für den „normalen Weg“ zu spät, ihre Leidenschaft für diesen Sport und diesen Beruf war einfach stärker. Bei meiner Frage nach dem Material der ersten Stunden kam die Antwort: „Meine ersten Freeride-Ski, die ich fuhr, hatten eine mittlere Breite von 76 mm, der Salomon X Scream. Danach gab es brei- tere Twin-Tip-Ski von Salomon, die dem ganzen Vorhaben im Gelände stark entgegenkamen.“ Als Schuhe verwendete sie stets Rennstiefel, die auf dem Markt waren. Alles andere entwickelte sich erst mit der Zeit und ist mit den „Standards“ von heute nur schwer vergleichbar. „Mit 24 Jahren hatte ich meinen ersten Freeride-Wettbewerb, den ich auch gewann“, so Lorraine. 2007 dann der erste große Schicksalsschlag – ein schweres Lawinenunglück, in dem sie als Skiführerin mittendrin war. Ein Freund starb dabei, sie überlebte. Musste aber mit all ihren Gedanken, negativen Gefühlen und den öffentlichen Meinungen erstmal klarkommen. Dann zwang Lorraine nur zwei Wochen später ein schwerer Sturz schließlich zu einer Zwangspause. Kreuzband- sowie Seitenbandriss am Knie. Ein Jahr Reha, Aufbautraining, Auszeit in Australien und völlige Reflexion. „War das alles eine Warnung? Was will mir das Leben damit sagen? Ist das alles richtig, was ich mache? Kann ich wieder denselben sportlichen Level wie vor dem Unfall erreichen? Was mache ich mit meinem abgeschlossenen Studium und meinem Beruf und was mache ich mit dem Freeride Center in Sölden?“, fragte sich die Extremsportlerin. Alles war erstmal „on hold“. Die Entscheidung fiel dann für ein Etappenziel: Sie gab sich genau ein Jahr Zeit für die Beantwortung dieser Fragen, eine Saison, in der sie zum Ski- fahren und Freeriden ging, nur für sich und mit vollem Fokus auf ihre große Leidenschaft. Während dieser Zeit fühlte sie, „dass da noch mehr geht“ und dass noch viel Potenzial bei ihr vorhanden ist, in den Freeride-Skizirkus zurückzukehren und erneut anzugreifen. Die Entscheidung war gefallen: Die Stelle als Assistentin im Bereich Forschung am Marketing-Institut der Universität Innsbruck lehnte sie ab. Die Freeride-Schule in Tirol schloss sie und beendete die Beziehung. Große Entscheidungen werfen ihre Schatten und fordern auch manchmal große Opfer. Lorraine begann die richtigen Fragen zu stellen, vollzog einen totalen Perspektivwechsel in Bezug auf die elementaren Dinge des Lebens, baute die mentale Einstellung zum Skifah- ren auf und erlernte den Umgang mit der Angst und dem Scheitern. „Egal, was ich im Leben mache, ich bin besessen von Fortschritt und Lernen. Außerdem liegt es mir besonders am Herzen, andere Frauen zu unterstützen. Ist es da verwunderlich, dass ich 2008 die Women's Progression Days ins Leben geru- fen habe, um Hunderten von Frauen dabei zu helfen, ihre Skitechnik und ihr Selbstver- trauen abseits der Piste zu verbessern?“ (Lorraine Huber) Foto linke Seite: Jakub Sedivy, Foto rechte Seite: Susanne EinzenbergerNext >