< PreviousHandsatz-Kultur | Handsatzwerkstatt Fliegenkopf Die Schriftsetzermeisterin Christa Schwarztrauber gründete 1989 die Handsatzwerkstatt Fliegen- kopf, um das kulturbildende Handwerk des Handsatzes dem völligen Verschwinden zu ent- reißen. In ihrer wunderbaren Werkstatt wird der Handsatz aus seiner leblosen musealen Nischenexistenz herausgeholt und in lebendige Praxis umgesetzt. Unter Verwendung von Blei- und Holzlettern entstehen in traditioneller und experimenteller Typografie Handpressendrucke, TypoGrafiken, Miniatur-Leporellos und Buchkunst in Kooperation mit verschiedenen Künstlerinnen und Künstlern im Bereich Illustration. Die Werk- statt Fliegenkopf freut sich auf Ihren Besuch. Für eine Terminvereinbarung rufen Sie einfach an. 070Handsatz- werkstatt Fliegenkopf Christa Schwarztrauber www.fliegenkopf-muenchen.de Wörthstraße 42 81667 München T: +49(89)486667 M: +49(170)8541332 info@fliegenkopf-muenchen.de 071Einrichtungs-Kultur | Wiedemann Werkstätten 072Wiedemann Werkstätten www.wiedemannwerkstaetten.de Showroom Hohenzollernstraße 47 im Hof 80801 München T: +49(89)27299584 Termine nach Vereinbarung 073Lust-Kultur | Darling frivole Von Außen meint man, dies könnte ein DessousLaden von Agent Provocateur sein, der auch ein paar glänzende, stylische, wenn auch aufden ersten Blick undefinierbare, Wohnaccessoires anbietet. Unser Laden ist sehr stilvoll, hier finden Sie nichts Schmuddeliges. Wer hier rein geht, fühlt sich deswegen nicht schlecht, oder wer beim rauskommen gesehen wird, muss sich nicht schämen. Ganz im Gegenteil, viele laufen stolz mit der Darling Frivole-Tüte durch die Stadt, weil sie signalisiert, dass man ein funktionierendes, erotisches Leben hat. Wir bieten auch keine Hilfsmittel an, sondern Spielsachen für Erwachsene. Es geht nicht um einen Ersatz, son- dern um etwas Zusätzliches, was man haben kann, aber nicht haben muss. Wir haben viele Kunden, die lange zusammen oder verheiratet sind, wo die Kinder aus dem Haus sind und die wissen, dass zur Erotik mehr gehört, als nur der Geschlechtsakt und wir ermutigen sie kreativ zu sein. Haben Sie mehr Kundschaft durch den ErotikBestseller „Shades of Grey“ Nicht wirklich. Zu uns kommen einige zufällig, weil sie hier am Platzl flanieren, die meisten aber durch Mundpropaganda. Ein Großteil sind 40plus-Paare, die mit beiden Beinen im Leben stehen, eine gute Beziehung führen, die offen sind und auf den ersten Blick konservativ wirken. Durch „Shades of Grey“ fühlen sie sich bestätigt und freier, greifen eher zur Gerte oder den Handschel- len und wagen sich ein Stück weiter, als vor dem Buch. Das Schöne an dem Erfolg ist, dass es das Thema Sadomasochismus, oder korrekter gesagt BDSM (Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism, Anm. der Red.), aus der Schmuddelecke geholt hat. BDSM Vorlieben waren vor dem Buch in der Gesellschaft genauso häufig vertreten wie danach, nur traute sich keiner darüber zu sprechen, oder diese Facette der sexuellen Neigung einzufordern, weil es nicht politisch korrekt erschien. Für viele ist dieses Buch befreiend, sie müssen ihre Neigung nun nicht mehr unterdrücken. Beim Liebesakt eine Peitsche oder einen Nadelroller zu verwenden ist für viele aber doch eher abschreckend als anregend. Der Nadelroller kann natürlich sehr schmerzhaft sein, wenn man ihn falsch benützt, aber wenn sie damit ganz leicht über die Haut rollen findet eine ganz feine Stimulation statt, die sehr einzigartig ist. Ähnlich verhält es sich mit der Peitsche. Das Thema Erotik ist unendlich, theoretisch könnte ich auch Alltagsgegenstände mit ins Sortiment nehmen, die man erotisieren kann. Nehmen wir zum Beispiel Duft, mit dem man sehr gut konditionieren kann. Denken Sie an Gerüche aus ihrer Kindheit, auch wenn Sie den Duft jahrzehntelang nicht gerochen haben, sobald Sie ihn wieder in der Nase haben, sind sofort die alten Gefühle wieder präsent. Der Duft dockt im Ge- hirn an der Stelle an, bei der ein bestimmtes Gefühl ausgelöst wird. Wenn man es schafft auch in der Erotik zu bestimmten Situationen einen bestimm- ten Duft zu riechen, funktioniert es nach geraumer Zeit auch umgekehrt: Siewerden von diesem Geruch erregt. Womit wir dabei wären, dass sich Sex, oder Erotik vornehmlich im Kopf abspielt. Absolut. Manchmal reicht es schon, dass ich weiß ich habe Toys in der Schub- lade liegen und könnte sie rausholen, wenn ich wollte. Man muss es gar nicht jedes Mal benutzen. Die Spielsachen, den Vibrator mal ausgenommen, ver- sprechen keinen Orgasmus, da gehört viel mehr dazu! Die helfen, aber wenn der Kopf nicht dabei ist, wenn der an Job, Kinder oder Haushalt denkt, dann hilft das beste Spielzeug nichts. Wenn man lange verheiratet ist und man versucht mal ein Wochenende, oder einen Abend, sich vorzustellen, man ist die heimliche Geliebte des Mannes, und dieses Rollenspiel konsequent durchzieht, dann verläuft der Abend ganz anders, als würde man ‚nur’ zum Essen gehen. Oder gehen Sie doch mal ins Stundenhotel. Schämen Sie sich nicht für ihre Beziehung auch mal verrückte Dinge zu machen! Sie sind ja die reinste Sexualtherapeutin! (lacht) Ja stimmt. Es gehört viel Empathie dazu. Meine Kolleginnen und ich, wir fragen, wir hören zu und wir sind dabei absolut wertneutral, egal was der Kunde anfragt Wir erklären alles auch sehr sachlich. Es gibt ja auch sonst kaum Raum wo Sie über sexuelle Fragen oder Tipps sprechen können. Man redet doch nicht mit seinem Arzt darüber, ganz selten im Freundeskreis. Und in die- sen vier Wänden hier können Sie ungeniert über wirklich alles sprechen – wie geht eine Prostatamassage, welches Spielzeug passt zu mir, und so weiter … (pausiert) Manchmal wundere ich mich über mich selbst, wie coolich dabei bin. Bieten Sie auch Workshops an? Wie TantraMassage oder FesselSeminare? Noch nicht, weil wir einen sehr hohen Anspruch haben und nur Dinge emp- fehlen können und wollen, die unserem Stil entsprechen. Der Grat auf dem Lust auf Lust? Das Münchner Platzl ist ein Wimmelbild der Sinne: man hört internationales Geplapper von den Touristen die gerade aus dem Hofbräuhaus kommen. Man sieht rasende Powerfrauen, die sich im Starbucks schnell einen Kaffee mit fett- reduzierter Milch holen. Und man riecht einen Mix aus Thymian, Zimt und Ingwer, wenn wieder ein leidenschaftlicher Hobbykoch aus Schuhbecks Gewürzladen kommt. Schlendert man durch die Passage gleich links vom Gewürzladen, Richtung Falkenturmstraße, steht man plötzlich vor einem weiteren Paradies der Sinne: der Erotik-Boutique „Darling Frivole“. Gesine Jordan sprach mit Inhaberin Carolin Stephan über Perl-Strings, Nadelroller und Kopf-Kino. 074wir gehen ist extrem schmal, es kann schnell ins Lächerliche kippen oder ins Extreme. Wir werden immer wieder nach erotischen Veranstaltungen für Paare gefragt. Denen schwebt eine stilvolle, sinnliche Orgie wie in Stanley Kubricks Film „Eyes Wide Shut“ im Kopf herum. Es gibt manchmal ähnliche Veranstaltungen hier in München, wo es nicht, wie im Swingerclub, nur um Partnertausch geht. Wie die „Nacht der O.“, die wundervoll inszeniert war, im Geheimen stattfand und man kam nur auf Empfehlung rein. Die Herren waren dominant, die Damen devot … vielleicht begleiten oder kuratieren wir eine der nächsten Veranstaltungen. Dominant, Devot – das hört sich jetzt aber wieder extrem an … Seien wir doch ehrlich, bei Erotik geht es auch um Unsicherheit und Sicher- heit, Leidenschaft und Vertrauen. Wenn man sich in die Hände eines anderen begibt und ihm vertraut, wenn er beispielsweise einen Nadelroller in der Hand hält und mit einem spielt, passiert viel im Kopf. Dieses Quäntchen Unsicherheit das bleibt kann sehr stimulierend sein, einem einen Kick geben, was wiederum die Leidenschaft wach hält. Und letztendlich hat die Submis- sive die Macht, weil sie bewusst entscheidet die Kontrolle abzugeben und dieGrenzen setzt. Zurück zum Spielzeug, diese Liebeskugeln hier gibt es auch im Drogeriemarkt und werden oft von Gynäkologen zum Beckenboden- training empfohlen. Die Beckenbodenmuskulatur ist sehr wichtig. Sie hält nicht nur die Organe nach innen und verhindert, dass man im Alter inkontinent wird. Die Mus- kulatur ist auch für das Lustempfinden wichtig. Beim Orgasmus pulsiert der Beckenboden, das heißt Anspannung und Entspannung wechseln sich ab. Jetrainierter der Muskel ist, desto besser. Es gibt auch einzelne Liebes- kugeln, die dann beim Verkehr drin bleiben können. Die Kugeln gehen auf die Seite wenn der Penis Partner eindringt und massieren sowohl Mann und Frau sehr stark. Keine Sorge, die Vagina ist ein geschlossener Raum, da verschwindet nichts. Wir erklären unseren Kunden unsere Spielsachen nicht nur, wie wollen sie auch inspirieren und ihnen Ideen für zu Hause mitgeben, wie dieser Glasdildo mit Rillen: In der Vagina gibt es ganz viele Reizleitungen, wie feine Lamellen, wenn da was Glattes, Großes eingeführt wird, werden die nur an die Wand gepresst. Während die feinen Formen und Rillen dieses Dildos bei Drehungen sehr feine Stimulation auslösen können. Stimulierend ist auch der PerlString wie ihn Samantha aus „Sex and the City“ trug. Das ist ein Klassiker, der sich sehr gut verkauft. Wenn ER beim Essen gehen weiß, dass SIE einen trägt, ist schon wahnsinnig viel Erotik im Spiel. Dass die Perlen bei der Frau stimulierend wirken ist zweitrangig. Frau trägt ihn aus einem ganz bestimmten Anlass, sie will etwas bezwecken und allein diese Gedanken sind schon erotisierend. Um in die Stimmung zu kommen gehört in langen Beziehungen einfach mehr dazu. Das Kribbeln im Bauch lässt mit den Jahren nach oder hört ganz auf. Also muss man mehr inszenieren, oder ich würde lieber sagen zelebrieren, und planen. Die ganze Planung kann schon ein Spaß sein. Denken Sie doch nur ans Essen. Sie können essen um ihr Hungerbedürfnis zu befriedigen und Sie können ein Essen zelebrieren, indem Sie den Tisch schön decken, tolle Zutaten kaufen, Stunden vorher schon in der Küche stehen. Genauso ist es beim Sex. Und wie heißt es so schön „Either you use it, or you loose it“, je mehr Sex man hat, umso leichter hat man Sex, desto mehr Spaß macht Sex. Carolin Stephan (44) ist dreifache Mutter und arbeitet zusammen mit ihrem Mann auch als Interior-Designerin 075darling frivole www.darlingfrivole.de Falkenturmstraße 8 80331 München T: +49(89)21020860 info@darling-frivole.de Öffnungszeiten Di –Fr: 12–19 Uhr Sa: 12–18 Uhr Lust-Kultur | Darling frivole 076G2 Printmedien- manufaktur Bildbearbeitung. Corporate Publishing. Reinzeichnung. EventAusstattung. Veredelung. Druck. www.gzwei.de Wasserburger Straße 27 85567 Grafing bei München T: +49(8092)8631160 info@gzwei.de Print-Kultur | G2 Printmedienmanufaktur GmbH Unfassbar scharfe Printmedien! Foto: Fuse 077078Interview: Stefan Siegfried Die Parameter der Fotografie Ob die Installation „Molded Mirrors“ (dt.: geformte Spiegel), dieanlässlich der diesjährigen Ballettfestspiele in der Bayrischen Staatsoper zu sehen war, ob verbrannte Luxusverpackungen oder Porträtfotografien – an Ihren freien Arbeiten fallen zunächst einmal die Lichtverhältnisse, die sich je nach Standpunkt des Be trachters verändern, auf. Darüber hinaus auch bei den Fotografien ein grundsätzliches IndenRaumGreifen der Werke … Das ist richtig. In meiner Arbeit setze ich mich ja mit allen Parame- tern der Fotografie auseinander. Dazu gehören eben auch das Licht und das Medium, also das Papier oder der Untergrund, auf dem ein Bild präsentiert wird. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass ich diese Arbeiten zunächst einmal nicht als Fotografien im klassischen Sinne betrachte, sondern für mich sind das Objekte, die ich herstelle. Diese Objekthaftigkeit oder Dreidimensionalität interessiert mich auch, weil ich so eine Verdichtung erzeuge, die beim Betrachter eine Aus- einandersetzung mit dem Thema verstärken kann. Nun fotografieren Sie einerseits für Unternehmen wie BMW oder Prada groß angelegte Werbekampagnen, andererseits machen Sie freie Kunst. Wie verhalten sich die beiden Welten zueinander? Der Grundgedanke ist immer der gleiche. Auch in der Werbung stelle ich Objekte her, sogenannte Vorobjekte, d. h. Objekte für den, der das Dargestellte einmal kaufen wird, und die eine gewisse Lust beim Betrachter auslösen sollen. Das ist zwar ein komplett anderes Arbeiten, weil man in einem Team ist und eine Aufgabe von außen bekommt, aber ich komme ja aus der angewandten Fotografie, die ich nach wie vor inspirierend finde, weil sie mir überhaupt erst die technischen Möglichkeiten gibt, auf deren Grundlage ich meine freie Arbeiten realisieren kann. Interview | Hubertus Hamm Der Fotograf und Künstler Hubertus Hamm über Werbung, Kunst und die Grenzen der Wahrnehmung Und wie verhalten sich Werbung und Kunst inhaltlich zueinander? Inhaltlich mag das eine das andere unterbewusst beeinflussen, aber es ist etwas ganz anderes, wenn ich eine Autokampagne für den amerikanischen Markt realisiere – und im Nachhinein manchmal meine Arbeit nicht mehr wiedererkenne, weil sie so stark bearbeitet wurde (lacht). Wenn ich von einer Kampagne zurückkomme, brauche ich auch jedes Mal eine gewisse Zeit, um wieder in die andere Welt einzutauchen … Können Sie Ihre Arbeitsweise vergleichen, etwa bei einer Kampagne für BMW und den „Molded Mirrors“? Nein, das kann man nicht vergleichen. Bei BMW gibt es eine genaue Vorbereitung, danach muss man an einem bestimmten Ort in einer bestimmten Zeit ein Bild machen. Und das muss einfach sitzen. Wenn ich an den „Molded Mirrors“ arbeite, ist das ebenfalls ein aufwändiger Prozess. Da habe ich vorher viele Zeichnungen gemacht und gehe dann in eine große Schlosserei am Ammersee, wo ich Leute habe, die mir helfen. Was mir allerdings hilft, meine eigenen Ideen zu realisieren und eine gewisse Qualität auch bei meinem Arbeiten im Kunstkontext zu erreichen, ist die Professionalität der angewandten Arbeit. Wie würden Sie denn die Rolle eines Fotografen in einer Werbe kampagne beschreiben? Das hängt total von der Agentur und dem Kunden ab. Bei manchen Aufträgen ist alles genau vorgegeben, bei anderen wird lediglich die grobe Tendenz besprochen, und man erhält die totale Freiheit. In Deutschland ist man als Fotograf aber schon eher ein Dienstleister, anders als etwa in den USA, Italien oder Frankreich. Abb.ww links: Molded Mirrors 079Next >