REPUBLICOFCULTURE Special |Lokhalle Freiburg Hintergründe, Porträts, Menschen, Macher Republic of Culture, www.lust-auf-gut.de Neues Leben in alten Mauern.thomasbiswanger.com 2OO CONTEMPORARY SINCE 1819 www.thonet.de Streit Service & Solution GmbH & Co. KG Paul-Ehrlich-Straße 9, 79106 Freiburg Tel.: 07831 / 802 - 617 . www.streit.deMariposa Sofa Designed by Edward Barber & Jay Osgerby, 2014 The Original is by Vitra Streit Service & Solution GmbH & Co. KG Paul-Ehrlich-Straße 9 79106 Freiburg www.streit.de084 Special Lokhalle Freiburg | Neues Leben in alten Mauern Lokhalle Freiburg – Industriedenkmal mit sehr viel Charme „Die monumentale Hallenlage ist sicher das bedeutendste Beispiel von Industriearchitektur aus der Zeit der Jahrhundertwende in Freiburg.“ So steht es im Denkmalkataster des Landes Baden-Württemberg über die Lokhalle Freiburg. Und seit sie in den Händen der beiden Projekt- entwickler Lars Bargmann und Frank Böttinger ist, ist auch klar, dass dieses Denkmal erhalten und in Freiburger Händen bleibt – und nicht als Spekulationsobjekt herhalten muss. Eine kleine Themenreise durch die Geschichte und das Gebäude.085086 Special Lokhalle Freiburg | Neues Leben in alten Mauern Die Historie: Der Güterbahnhof Nord in Freiburg wurde von 1901 bis 1905 gebaut, nachdem der Freiburger Stadtrat be- schlossen hatte, den Güterver- kehr vom Personenverkehr am Hauptbahnhof zu trennen. Von 1903 bis 1905 baute die Badi- sche Staatsbahn die Lokhalle als Bahnbetriebswagenwerk (BWW). Bis 1983 wurden in der Lokhalle Züge gewartet, repariert und instandgesetzt – auch der berühmte Orient- Express wurde in den 70er Jahren in der Lokhalle saniert, nachdem Teile schon auf ver- schiedenen „Friedhöfen“ vor sich hinschlummerten. 1983 zog die Bahn aus dem Gebäude aus und überließ das Ensemble seinem Schicksal. Zeitweise war die Halle an Private vermietet, bis Böttinger und Bargmann sie 2011 von der Aurelis Real Estate GmbH erwarben. Seither revitalisieren die beiden Projektent- wickler der Planwerk Freiburg GmbH das denkmalgeschützte Gebäude. Unter tatkräftiger Mithilfe des Architekten Mathias Haller. Und der eigens dafür gegründeten Denkmal- schutz und Bauservice Baden GmbH. Die Revitalisierung: Seit 2011 wird die Lokhalle revitalisiert. Das Ensemble besteht aus fünf Gebäudeteilen: Ost- und Westflügel sind dreigeschossige Gebäude, in denen einst die Verwaltung der Bundesbahn in Freiburg untergebracht war. Beide Flügel sind mittler- weile komplett saniert und energetisch modernisiert worden. Zwischen ihnen liegt die Nordhalle. Das Herzstück der Lokhalle ist das Mittelschiff, das zum viel beachteten und überregional Medien beschäftigenden Kreativpark umgebaut wurde. Im Kreativpark sind Start-ups, junge Firmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft ange- siedelt. Die Südhalle steht aktuell kurz vor einem Umbau zu einer Gastrono- mie – die allein durch ihre Dach- landschaft wohl einzigartig in Südbaden sein wird. 087 Die Nordhalle befindet sich noch weitgehend in ihrem Ursprungszustand, aber auch hier gibt es bereits Planungen, die nach einer Revitalisierung rufen. In den Jahren 2014 bis 2018 wurde die komplette Fassade (fast 6.000 m 2 ) saniert, die aus unterschiedlichen Sand- und Back- steinen errichtet wurde. Die Revitalisierung des bald 115 Jahre alten Gebäudes geht im Innern bis ins letzte Detail, etwa alter Beschläge oder historischer Bauteile wie Holzdielenböden, Metallfenster, Holztüren. Die Sanierung des Kulturdenkmals wird vom Land Baden-Württemberg gefördert. Der Klimaschutz: Die L-Bank hat die Klimaschutzanstrengungen der Eigentümer gefördert. Auch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat diese durch Förderdar- lehen gewürdigt. Das Ökosystem Lokhalle: Die Lokhalle Freiburg ist heute so etwas wie der Kultur- und Kreativbahnhof Freiburgs – ein Ökosystem mit sehr vielen unterschiedlichen Firmen, Menschen, Vernetzungen. Wo früher Lokomotiven und Waggons in Schuss gebracht wurden, arbeiten heute Verlage und Werbeagenturen, Architekten und Ingenieure, Designer und Führungskräfte- coaches, Handwerksbetriebe und Projektentwickler, Veranstal- tungsfirmen und Einrichter. Im Kreativpark sitzen Start-ups aus einer Fülle von Branchen, Men- schen, die die Welt mit nachhal- tigen Telefontarifen verändern wollen, die eigene Getränke entwickeln, die im Digi-HUB des Landes Baden-Württemberg die Digitalisierung vorantreiben, die in Brutboxen heute ausbrüten, worüber morgen gesprochen wird.088 Special Lokhalle Freiburg | Neues Leben in alten Mauern Die Lokhalle ist aber auch Heimat des Aktionstheaters Pan.Optikum, das hier seine Stücke einstudiert und insze- niert, mit denen es dann weltweit un- terwegs ist und damit auch den Namen Freiburg in die Welt trägt. Die Lokhalle ist auch Heimat des Be- zirksvereins für soziale Rechtspflege, der hier sein Arbeitsprojekt für ent- lassene Häftlinge betreibt, um diesen Männern wieder einen Alltag, eine Zukunft bieten zu können. Die Eigentümer unterstützen das Projekt mit einer sozialen Miete. Und Proberäume gibt es in den „heiligen Hallen“ auch noch. Kunst an der Lokhalle: Wer von Osten an die Lokhalle kommt, dem fällt sofort der Weichensteller ins Auge. Ein tonnenschwerer Koloss, der an die alten Zeiten der Bahner erinnert, die früher die Weichen noch per Hand mit einem Stecken gestellt haben. Der Künstler dahinter ist Peter Zimmermann, der den Weichensteller im Auftrag der Eigen- tümer zusammengeschweißt und aufgebaut hat. Und dabei Material verwendete, das zu 98 Prozent aus der Halle stammt. Upcycling at its best. Community in der Lokhalle: Neben den Community- Flächen im Kreativpark gibt es vor der Nordhalle auch den kleinen Lokhallenpark mit Artefakten aus der alten Güterbahnhofzeit: mit einer alten Gleiswaage von 1955, einer Telekommunikationseinrichtung aus der Kriegszeit (1941), mit Gleislichtern und Weichen- lichtern, alles eingefasst in Eisenbahnschienen. Ein Ort zum Grillen und Chillen für die „Bewohner“ der Lokhalle. Ein Ort für Begegnungen und Austausch, für eine kurze Pause oder auch einen langen Abend.089 Natur an der Lokhalle: Die Lokhalle hat einen Haushasen (Emil), zig Vögel, Nistkästen für Fledermäuse, Bachstel- zen und Haussperlinge. Im Norden, Süden und Westen ist sie umgrenzt von Artenschutzflächen für die Mauer- eidechse. Die Hauspost: In der Lokhalle gibt es auch eine Hauspost, die regelmä- ßig unregelmäßig erscheint und die Menschen auf dem Areal über aktu- elle Entwicklungen im Quartier, neue Mieter und Gesichter oder Neuigkeiten von Mietern informiert. Die Zukunft: Die Revitalisierung der kompletten Lokhalle wird noch ein paar Jahre dauern. Sie wird der beeindruckenden Geschichte des Gebäudes Respekt entgegen- bringen, aber auch neue Impulse setzen. Am Ende werden auf dem Areal mindestens 250 Menschen ihren Arbeitstag verbringen. Im „bedeutendsten Beispiel von Industrie- architektur aus der Zeit der Jahrhundertwende in Freiburg.“ Texte verfasst von Lars BargmannNext >