< PreviousMode-Kultur | Bader Obermaiselstein Bergsee-Blau trifft Knallrot-Pink69 Bader Obermaiselstein www.bader-obermaiselstein.de Am Scheid 12 87538 Obermaiselstein T: +49 (8326) 1616 LOOK OF LOVE „Code scannen, Lookbook ansehen und berauschen lassen!“Aus der Mitte entspringt ein Fluss ... ... oder besser gesagt: eine Quelle, die der Ur- sprung eines grandiosen Projekts ist. Besagte Quelle befindet sich im Gunzesrieder Tal. Dieses Tal, das sich vom Illertal aus weit nach Westen bis zur Grenze Vorarlbergs zieht, liegt im Herzen des Naturparks Nagelfluhkette. Mit seiner einzig- artigen Flora und Fauna und der wunderschönen Landschaft, ist dieses Hochtal ein wahres Schatz- kästchen für Liebhaber intakter Natur und Urlaub abseits des Trubels. Und ist darüber hinaus die Heimat und die Wiege der ersten Bergfischzucht im Allgäu. Genuss-Kultur | Bergfischzucht Fotos: Marco Mehl71 Gerd-Heinz Buchelt, Macher mit „Weitsicht“ aus Gunzesried, kennt sich aus mit Landschaftsentwicklung im Allgäu. Als er im Jahr 2007 zum damaligen Grund- stücksbesitzer Otto Waibel und zu dessen Nachbarn Petra und Thomas Bindseil Kontakt aufnahm, war schnell klar, dass mit dem Wissen um eine ganz besondere Quelle und dem daraus sprudelnden frischen Quellwasser dieses ehrgeizige Projekt gestartet werden soll. Petra und Thomas kamen zu diesem Vorhaben wie die oft zitierte „Jungfrau zum Kinde“. Ohne spezielles Fachwissen, nicht den Hauch einer Ahnung dessen, was rechtlich auf sie noch zukommen sollte. Ohne zu wissen, ob dieses Vorhaben von Erfolg gekrönt sein würde, brachten sie all ihre Vorstel- lungskraft, viel Idealismus, Lust und Willen mit. Wir von LUST AUF GUT sind ja bekannt dafür, dass wir im Auftrag des Guten un- terwegs sind und die wirklichen Gutmacher im Allgäu finden. Als wir Petra letzten Herbst besuchten, war schnell klar, dass die anfängliche Unsicherheit inzwischen fundiertem Wissen, hoher Professionalität und Leidenschaft für die Sache gewi- chen ist und sich der Erfolg eingestellt hat. Petra, wie hast du dich auf dieses Projekt vorbereitet? Ich bin Autodidaktin, ich habe mir ganz viel selbst beigebracht, habe gelesen und gelesen. Schulungen und Praktikas in Österreich und Deutschland gemacht. Mein Interesse und die Leidenschaft für die Idee waren mein Antrieb, der bis heute nicht nachgelassen hat. Was waren die größten Probleme, die am Anfang dem Vorhaben im Wege standen? Wir mussten verschiedene Gutachten und Untersuchungen bezüglich des Quellba- ches erstellen. Ein hydrologisches zur Beurteilung der Wasserqualität sowie eine Hochwasserabflussberechnung der Gunzesrieder Ach. Die Vorgabe war, dass die Wassermengenentnahme ersichtlich war und die Restwassermenge nie unter zehn Liter pro Sekunde sinken durfte. Ebenso wurden die Tiere und Kleinstlebewesen in diesem Bach über ein Jahr lang beobachtet und es wurde sichergestellt, dass diese keinen Schaden nehmen würden. Die richtige Form der Wasserbecken stellte sich als große Herausforderung heraus. Wir mussten von der Idee von Rundstrombecken aus Holz und einem naturnah gestalteten Bachlauf Abstand nehmen. Für die Saiblinge spielen die Wasserqualität und Hygiene innerhalb des Lebensraumes eine vorrangige Rolle. Da diese Fischart keinen „Firlefanz“ im Wasser benötigt, haben wir uns für einfache Betonbecken entschieden. Diese sind einfach zu reinigen, auch konnten Unterstände in Form von Abdeckungen und Schattierungsmöglichkeiten geschaffen werden.Fotos: Marco Mehl Während der Bau- und Ausbaggerungsphase stellten wir fest, dass die Wasserabführung der „Gunzesrieder Säge“ durch das Grundstück lief und wir entsprechend umplanen mussten. Auch deshalb mussten wir uns für die Vari- ante der Betonbecken entscheiden. Beim Bau der Anlage kam uns natürlich die immense Erfahrung von Gerd-Heinz zugute, ohne ihn wäre dieses Vorhaben so nicht entstanden. Was macht eure Fischzucht einzigartig? Die Bergfischzucht Gunzesried setzt auf die Kraft der Natur. Frisches Quell- wasser in einem speziell auf den Saibling abgestimmten Lebensraum, dazu artgerechte Tierhaltung und eine geringe Besatzdichte, das ist unser Konzept und das Rezept für einen feinen, reichhaltigen Fisch. Wir ziehen die Fische alle selber auf, wir kaufen nur die Eier und kümmern uns um die Aufzucht. Damit bieten wir den maximalen Schutz, die Anlage frei von Parasiten, Verpilzung und anderen Krankheiten zu halten. Wie ist der Weg dieses besonderen Wassers durch die Anlage und wie arbei- tet ihr damit? Jedes Becken hat einen eigenen Zu- und Abfluss, dadurch steht den Fischen ständig frisches und kaltes Quellwasser zur Verfügung. Die Temperatur dieses Quellwassers ist Sommer wie Winter immer gleich und mindestens fünf Grad Celsius kälter als das Wasser, der direkt daneben fließenden „Gunzesrieder Ach“. Die Wassertemperatur ist entscheidend für den Erfolg bei der Zucht von Saib- lingen, die Temperaturen von unter zehn Grad Celsius bevorzugen. Im Gegen- satz zum Beispiel zu Forellen, die eher Temperaturen über zehn Grad Celsius bevorzugen. Das Wasser wird im Vergleich zu vielen anderen modernen Zucht- anlagen nur einmal verwendet und danach gefiltert wieder in die Gunzesrieder Ache abgeleitet. Jeden Tag wird das Wasser aus den Becken durch das Öffnen der Schieber zu einem gewissen Teil abgelassen, zu der Kläranlage gepumpt und somit gereinigt. Der Rest des wenig belasteten Wassers geht in das kleine Bächlein, das neben der Anlage fließt. Alle drei bis vier Monate werden die Saiblinge dann umgesetzt und die Be- cken abgelassen und mit Dampfstrahlgeräten gesäubert. Das mit Schmutz, Sedimenten, Futterresten, etc. belastete Wasser wird wiederum gesammelt und in die hauseigene natürliche und biologische Fünfkammer-Kläranlage, mit Aktivkohlefilter, gepumpt, bevor es dann in die Ach, fast in Trinkwasserquali- tät, abgeleitet wird. Welche Fische bewohnen eure Zuchtanlage? In einem anspruchsvollen Lebensraum teilen sich drei Generationen Seesaiblin- ge (Salvelinus Alpinus) und Elsäßer Saiblinge (Salvelinus Alpinus und Salvelinus Fontinalis) 50-60 Sekundenliter frisches, eiskaltes Quellwasser. Grundlegend für die artgerechte Entwicklung und das gesunde Wachstum der Saiblinge ist die langsame Entwicklungszeit von mindestens zwei Jahren. Viele unserer Genuss-Kultur | Bergfischzucht73 Fische sind aber auch viel älter. Wir haben vier Jahre alte Exemplare mit einem Gewicht von bis zu 2,5 kg, die hauptsächlich an die Gastronomie verkauft wer- den. Zweieinhalb Jahre alte Fische mit einem Schlachtgewicht zwischen 500 und 600 Gramm: Diese Saiblinge werden filetiert an private Haushalte und an die Gastronomie verkauft oder zum Räuchern verwendet. Die kleineren 300 bis 400 Gramm schweren Fische werden als ganze Portionenfische an Privatperso- nen verkauft. Es gibt ein Verhältnis von 20 Prozent männlichen und 80 Prozent weiblichen Fischen. Wie sehen die Entwicklungsphasen der Fische in eurer Zucht aus, wie muss man sich das vorstellen? Im ersten Jahr, von November bis Dezember, werden die vorgebrüteten Eier in unserem Bruthaus „eingesetzt“. Bis zum Schlupf dauert es ca. 15 bis 20 Tage. Im Fischkindergarten entwickeln sich die Saiblinge im ersten Jahr bis zu einem Gewicht von etwa 120 Gramm pro Fisch. Selbstverständlich beziehen wir unse- re Eier nur aus 1a-Betrieben mit garantiert hoher und nachhaltiger Qualität. Nach zwei Jahren erreichen die Jungfische, mit unseren Fütterungsmethoden und dem frischen, kalten und klaren Wasser, dann ein Gewicht von etwa 250bis 400 Gramm pro Fisch. Im Laufe des nächsten halben Jahres lassen wir den Fischen weitere Zeit, sich zu entwickeln. Ab einem Lebendgewicht von 400 Gramm sind die Fische wirtschaftlich fertige Saiblinge. Was ist das Besondere an euren Fischen? Durch eine konstant hohe Wasserqualität, eiskaltes, möglichst fließendes Wasser, das sauber, sauerstoffreich und nährstoffarm ist, haben die Fische die besten Wachstumschancen. So wächst der Fisch gesund heran und ist reich an hochwertigen, mehrfach ungesättigten Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Petra, was uns natürlich auch interessiert, ist die Fütterung. Denn wie wir ja wissen – „nur wo Gutes reinkommt kann auch Gutes dabei rauskommen“. Das ist vollkommen richtig. Auch hier hilft uns die Natur. Unsere Fische erhalten ein spezielles, auf die Bedürfnisse abgestimmtes Futter, das aus hoch- wertigen Rohstoffen produziert wird. Nachhaltiges Futter mit wenig Fischmehl und ohne Sojazusatz. Eine moderne Futteranlage sorgt dafür, dass das Futter gleichmäßig verteilt in exakt abgestimmter Menge über die gesamte Becken- fläche verteilt wird. Die Fütterung findet mehrmals täglich statt. Obwohl wir pro „nicht befütterten Tag“ ca. 3 Prozent der Wirtschaftlichkeit unserer Anlage einbüßen, ist der Sonntag bei uns fütterungsfrei. Das ist sehr wichtig, denn das entlastet das Verdauungssystem der Fische und das wiederum unterstützt das gesunde Heranwachsen und die gute Fleischqualität. Außerdem bekommen die Saiblinge durch die Wasserzuführung über die Holzrinne auch deren Bewohner (Wasserflöhe, Wasserasseln, Fliegenlarven, etc.) zwangsläufig kostenfrei mit- geliefert. In dieser Rinne tobt das Leben. Wir beschäftigen uns auch schon seit geraumer Zeit mit dem spannenden und wertvollen Thema, tierische Nahrung in Form von Mückenlarven zu verfüttern. Allerdings sind diese Rohproteine im Moment nur bei Haustieren erlaubt und nicht bei Tieren, die für den menschli- chen Verzehr vorgesehen sind. Hier gilt es abzuwarten, wie sich die gesetzli- chen Vorschriften entwickeln. Hat die Besatzungsdichte auch Auswirkung auf die Gesundheit der Fische? Im Vergleich zu Lachsfarmen haben wir nur 20-30 kg Biomasse pro Kubikme- ter statt 100 kg wie es auf den Lachsfarmen üblich ist. Dadurch sind bei uns Krankheiten kein Thema. Außerdem kaufen wir nur die Eier und ziehen die Fische selbst auf und verhindern dadurch, dass Krankheiten in unsere Anlage kommen. Eine gängige Praxis ist, Fische mit knapp fertigem Schlachtmaß zu kaufen. Nach sechs Wochen können sie dann als regionaler Fisch verkauft werden, egal wo sie ursprünglich herkommen und aufwachsen. Das ist nicht unser Weg. Um noch einmal auf die Wasserbecken zurückzukommen: Was gilt es hier zu beachten? Die rechteckigen Durchströmungsbecken beinhalten eine neuartige Konst- ruktion. Schräg zur Mitte positionierte Absetzrinnen sammeln die Stoffwech- sel-Ausscheidungsstoffe der Tiere und führen diese einer vollbiologischen Kläranlage mit fünf anschließenden Pflanz-Absetzteichen zu. Diese Becken- konstruktion bietet eine hohe Hygiene im Lebensraum und fördert damit die Fischgesundheit.Fotos: Marco Mehl Auf welche Gefahren müsst ihr denn besonders vorbereitet sein? Es gibt viele natürliche Fressfeinde hier bei uns in der Natur, wie z.B. den Fuchs, den Reiher, den Marder und den Eisvogel. Hier gilt es Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um einen Verbiss bzw. die ungewollten Entnahmen zu verhindern. Unsere Schutzmethoden müssen immer ausgefeilter werden, da der Lerneffekt auf der Gegenseite groß ist. Welche Probleme können sonst noch auftauchen, die es zu verhindern gilt? Unsere Anlagen haben wir bewusst ohne viel Technik geplant, aber das Schlimms- te, was uns passieren kann und auch schon passiert ist, ist, wenn zum Beispiel die Wasserzufuhr unterbrochen wird. Ein Saibling, der sich in die Holzrinne der Wasserzufuhr verirrt hatte, wurde abgesaugt und verstopfte bei einem Becken den Zulauf. Da sank der Sauerstoffgehalt schnell unter den Idealwert von sieben bis acht Milligramm Sauerstoff pro Liter Wasser. Wenn der Sauerstoff unter zwei Milligramm sinkt, ist das tödlich für die Fische. Dann kann es ganz schnell gehen und zu einem Komplettausfall innerhalb einer halben Stunde führen. Vor dem Genuss kommt aber auch die Schlachtung. Wie oft schlachtet ihr denn pro Woche? Wir schlachten jeden Tag und zwar immer die Mengen, die wir benötigen und die bestellt sind. Wie geht ihr dabei vor? Wir halten die Verweildauer zwischen der Entnahme der Fische aus den Becken und dem Moment, an dem sie geschlachtet werden, sehr kurz. Es werden immer nur wenige Fische entnommen, damit gewährleisten wir die kurzen „Luftzeiten“. Anschließend werden sie mit einem Schlag auf den Kopf betäubt und mit einem Kiemenrundschnitt getötet. Um auch den Hirntod möglichst rasch herbeizufüh- ren, gehen wir bei unseren großen Exemplaren und auf besonderen Kunden- wunsch, auch nach der sogenannten japanischen „Ike Jime-Methode“ vor. Das ist die fairste Weise, Fische artgerecht und schonend zu töten. Damit gewährleisten wir auch die beste Fleischqualität. Wir sehen diese sehr guten Ergebnisse in der Fleischfärbung und auch die Haltbarkeit und den Geruch betreffend. Und was passiert dann? Wir filetieren die Fische und zupfen bei den großen Exemplaren sogar die Mus- kelgräten raus, um ein optimales Ergebnis für die Weiterverarbeitung bzw. für den Genuss der Fische zu bekommen. Die Fische werden dann als Ganzes oder als Filet verkauft. Ein Teil wird kalt oder warm geräuchert, gebeizt, es werden verschiedene Spezialitäten daraus gemacht wie z.B. Tatar, sauer mariniert, oder aber auch Fischsalat. Ikejime, auch Ike Jime (japanisch), ist eine Methode, Fische zu paralysieren bzw. 100 % schonend zu töten, um die Qualität des Fleisches nicht zu beeinträchtigen. Die Technik wurde ursprünglich in Japan erfunden. Es wird ein Messer, ein geschärfter Schraubendre- her, Draht oder ein scharfes Werkzeug in das Rhombencephalon (Rückenmark-Spinalka- nal) eingeführt, was zum sofortigen Hirntod führt. Dadurch gelangt das Adenosintriphos- phat ( ATP-ist der Energiespeicher der Zelle) nicht in die Muskeln, was diese andernfalls sauer werden ließe. Wenn der Vorgang korrekt ausgeführt wird, wird das Rückenmark zerstört und Reflexhandlungen des Fisches verhindert. (Quelle: Wikipedia) Genuss-Kultur | BergfischzuchtBergfischzucht www.bergfischzucht.de Säge 2a 87544 Blaichach-Gunzesried T: +49 (160) 526 04 57 Wo können wir diese Spezialitäten genießen? Hier im Allgäu, in unserer tollen Region, in ausgewählten Hotels und Restaurants und natürlich auch direkt bei uns in unserer Brotzeitstube. Unser an die Berg- fischzucht angeschlossenes traditionelles Naturstammhaus bietet neben einem kleinen Feinkost-Laden auch eine gemütliche Brotzeitstube und eine herrliche Sonnenterrasse, die Sommer wie Winter zum Verweilen und Genießen einladen. Unsere frischen Saiblinge servieren wir mit edlen Weinen aus Österreich. Petra, zum Abschluss würde mich noch interessieren: Wie unterscheidet ihr euch von anderen Fischzuchten und wie würdest du eure Philosophie und eure Arbeitsweise beschreiben? Wir züchten Fische aus der Region und für die Region, welche mit gutem Gewissen gegessen werden können. Nicht nur die Qualität der Fische stimmt, sondern auch die komplette Wertschöpfungskette ist bei uns stimmig und nachhaltig. Wir heizen mit Erdwärme und hundertprozentig grünem Strom, wir haben unsere eigene Biokläranlage, ein nachhaltiges Gebäude und selbst zur Desinfektion der Becken verzichten wir auf Desinfektionsmittel. Statt dessen verwenden wir natürliche EM-Bakterien und arbeiten ohne Chemie. Wir sind die erste Bergfischzucht im Allgäu – ein landwirtschaftlicher Betrieb, der lei- denschaftlich und einzigartig Saiblinge züchtet und sich zu 100 Prozent nur auf das konzentriert. „Petri Heil!“, liebe Petra, und tausend Dank für das tolle und informative Gespräch.Allgäuer Freilichtbühne Altusried www.allgäuer-freilichtbühne.de Im Tal 17 87452 Altusried T: +49 (8373) 299 88 Mit und Markt Altusried im Oberallgäu. Ein beschaulicher, kleiner Ort in der Nähe Kemptens. Auf den ersten Blick scheint es sich um eine Ge- meinde zu handeln, wie sie überall im Südwesten Deutschlands zu finden ist. Folgt man aber dem Riedbach in Richtung Süden, ändert sich das schlagartig. Denn dann ist sie bereits von Weitem zu sehen: die berühmte Freilichtbühne. Einem gewaltigen Fledermausflügel gleich, überspannt ihr freitragendes Holzdach eine Tribüne, die nicht weniger als 2.500 Zuschauern Platz bietet. Hier werden sie alle drei Jahre aufgeführt, die berühmten Heldenepen. Hier trotzt unter anderem Andreas Hofer Napoleon, lauert Wilhelm Tell Landvogt Gessler auf, streift Robin Hood durch den Sherwood Forest und die Jungfrau von Orléans führt die Franzosen zum Sieg gegen das englische Heer. Für die Freiheit kämpfen die Altusrieder mit Leib und Seele. Bis zu 600 von ihnen wirken vor und hinter den Kulissen ehrenamtlich mit – und das bereits seit 1879. Anspruch Herzblut Foto: Heike & Peter Ulbrich Foto: Barbara EhlertSeit dieser Zeit hat sich wenig geändert in Altusried. Nach wie vor gibt es nur einen wirklichen Hauptdarsteller: die Bevölkerung selbst. Eine eingeschworene Gruppe und exklusive Theatergemeinschaft. Ihre Mission: Menschen mit Herzblut und hohem Anspruch zu unterhalten. Für große Momente und unvergessliche Erlebnisse zu sorgen. Tradition mit Moderne zu verbinden, um so immer wieder Neues entstehen zu las- sen. In einem Dreijahresrhythmus werden Freilichtspiele, Musicals und Märchen auf die Bühne gebracht. Dazwischen auch Opern, Operetten und Konzerte. Lohn der Arbeit: die Begeisterung der Zuschauer, die aus allen Teilen Europas zu diesem besonderen Kulturhighlight anreisen. Auch wir sind nach Altusried angereist. Verabredet sind wir hier mit Sebastian Heerwart, Geschäftsführer der Allgäuer Freilicht- bühne Altusried GmbH und leidenschaftlicher Theater-Fan. Sebastian, was ist das Besondere an der Allgäuer Freilichtbühne? Eigentlich Alles: die Lage, die Naturbühne, das wunderschöne Tribünendach, die Größe, die Atmosphäre. Dazu hat Freilicht- theater immer seinen ganz eigenen Reiz, das wissen Kenner. Und das alles zusammen genommen mit der außergewöhnlichen Leidenschaft der Altusrieder, ergibt nicht nur etwas Besonderes, sondern sogar etwas Einzigartiges, das jeden fesselt. Wie kommt dieser einzigartige Spirit zustande? Das hat sicher etwas damit zu tun, dass das Theater-Gen hier re- gelrecht vererbt wird. Seit 1879 spielen die Altusrieder verbürgt Freilichttheater. Einerseits verpflichtet das, andererseits bauen die Mitwirkenden einen großen Erfahrungsschatz auf und lernen immer wieder dazu. Auf der Bühne sind alle sehr gewissenhaft und professionell, vergessen aber dabei nie ihre Freude und Lei- denschaft bei der Sache. Das überträgt sich natürlich auf unsere Besucher. Wie sehen die Vorbereitungen aus? Ein halbes Jahr ist so der normale Probenzeitraum bei einer Familienproduktion wie Ronja Räubertochter. Mit der Auswahl und der Bearbeitung des Stück oder der Zusammenstellung des Teams beginnt man natürlich schon zum Teil eineinhalb Jahre vorher. Die Vorbereitungen für das traditionelle Freilichtspiel, wie es 2022 wieder auf die Freilichtbühne kommen wird, haben schon dieses Jahr im Januar begonnen. Die Proben sollen im Sommer 2021 starten. Bis dahin müssen das Stück geschrieben, Bühne und Kostüme entworfen sein und natürlich Darsteller ausgesucht werden. Da vergeht ein Jahr ganz schnell. Welche Herausforderungen stellen sich euch? Wir möchten in Altusried gerne Theater mit hoher Qualität machen. Gleichzeitig wollen wir aber authentisch bleiben und zu dem stehen, woher wir kommen. Vom Musical einmal abgesehen, stehen keine Profis auf der Bühne. Und trotzdem wollen wir immer wieder beweisen, dass man auch – und gerade so – gutes, unterhaltsames Theater machen kann. Und wir spielen für ein vornehmlich Allgäuer Publikum, das einen hohen Anspruch hat und dennoch unterhalten werden will. Und zu guter Letzt müssen wir damit eine Tribüne mit 2.500 Plätzen füllen. Da ist jeder Schritt, jede Entscheidung ein Spagat und will gut überlegt sein. Das Wort „Alltag” gibt es bei uns also nicht. Welche Rolle spielst du? Ich darf seit 2016 Geschäftsführer dieser tollen Institution sein. Das heißt, ich trage die Gesamtverantwortung für die Produktionen, die Organisation hinter den Kulissen, bin natürlich verantwortlich für die Finanzen und fungiere als Schnittstelle zur Eigentümerin, der Marktgemeinde. Als ich das noch nicht war, durfte ich auch selber mitspielen. Das Highlight war natürlich die Rolle des Robin Hood im Jahr 2016. Eine Traumrolle für jeden Buben. Leider wirkt diese Zeit manchmal so lang vergangen, wie aus einem anderen Leben. Aber ich bin weit weg davon, mich zu beschweren. Ich fühle mich sehr wohl in meiner jetzigen Rolle. Was wünschst du dir für die Altusrieder und die Theater- Kultur? Ich wünsche mir, dass die Begeisterung für das Theater in Altusried mindestens noch einmal 140 Jahre ungebrochen bleibt. Und dass wir es weiterhin schaffen, sowohl der Tradition als auch aktuellen Themen und Bedürfnissen gerecht zu werden, sodass noch viele Generationen erleben können, welch großartiges Geschenk es ist, sein Hobby vor 60.000 Menschen ausleben zu dürfen. Und ich wünsche Altusried etwas, das allgemein auch die Gesell- schaft betrifft: die Zeit für ehrenamtliches Engagement. Dieses Engagement ist in den letzten Jahren sehr zurückgegangen. Gerade davon sind aber viele Einrichtungen, die unsere Lebens- qualität hochhalten, existenziell abhängig. Dazu gehört auch die Freilichtbühne. Wir sind uns einig: Wir kommen wieder! Diesen Sommer zwar leider nicht, aber dann freuen wir uns umso mehr auf den Sommer 2021, denn da startet ab dem 19. Juni das neue Stück „Ronja Räubertochter“. Theater-Kultur | Allgäuer Freilichtbühne AltusriedNext >