< PreviousFotos: Emil Bezold, www.positiv-fotografie.de Aus lebendigen Erinnerungen Schmuckwerk Stephanie Heisig und Katharina Aumüller www.schmuckwerk-freiburg.de Insel 2 79098 Freiburg T: +49 (761) 208 86 6649 Schmuck-Kultur | Schmuckwerk werden neue Lieblingsstücke.050 Foto: Jessica Alice Hath, www.fotografie-freiburg.com Der Mensch ist ganz schön komplex. ....................................................................................................................... Vol. 2 Der Osteopath fahndet nach der Ursache dieser Ketten- reaktion. Er sucht sozusagen „das erste Steinchen”. Dabei nutzt er für seine Diagnostik und Therapie ausschließlich seine Hände: Er beHANDelt. Wenn dieses „erste Steinchen” gefunden ist, wird die Kettenreaktion von ihm wieder umgekehrt: Der Auslöser wird korrigiert, damit die ganze Kette wieder eins nach dem anderen in ihre Balance und Funktion zurückkehren kann. Dies ermöglicht dem Körper, wieder in seiner ganzen, wunder- baren Komplexität zu funktionieren. Gesundheits-Kultur | Christoph Mauder Was hat der Mensch eigentlich mit einer Dominoreihe zu tun? Unser Körper arbeitet und funk- tioniert äußerst komplex. Viele Funktionen greifen ineinander, eines folgt aufs andere. Wenn jetzt ein Teil nicht mehr richtig funktioniert, setzt das häufig eine ganze Kettenreaktion in Gang. Und am Ende spüren wir das an einer ganz anderen Stelle.051 Christoph Mauder M.Sc. D.O. Master of Science (Osteopathie), Univ. Krems Osteopath D.O.® M.R.O.®, HP www.osteo.de Münsterplatz 15, 79098 Freiburg, T: +49 (761) 503 49 43 Christoph Mauder: Osteopathie mit Hand & Verstand. Seilnacht Juwelier + Feinuhrenmacher www.uhren-seilnacht.de Rathausgasse 7 79098 Freiburg T: +49 (761) 3 64 90 Öffnungszeiten: Mo – Fr 9.30 – 18.30 Uhr Sa 10 – 18 Uhr Foto: Klaus Polkowski, www.klaus-polkowski.de Matthias Lewalter, Inhaber Ein Teil des Verkaufserlöses der Münsterschmuck-Kollektion kommt dem Münsterbauverein zugute. Die Liebe zum Handwerk spürt man nicht nur bei der Arbeit der Münsterbauhütte, sondern auch bei der hauseigenen Münster- schmuck-Kollektion von Juwelier Seilnacht.053 Optik Bestier seit 1966 www.optik-bestier.de Kaiser-Joseph-Straße 220, 79098 Freiburg T: +49 (761) 2 23 36 50 Jahre! Design-Kultur | Optik Bestier054 Foto: Rainer Muranyi, www.rainermuranyi.com Anne Kersting: Vor über einem Jahr, als wir das Projekt gemeinsam vorbereiteten, sprachen wir oft von der Bewegung und von den Beweggründen der Türmer*innen. Wir antizipierten Türmer und Türme- rinnen, die sich für eine Stunde aus der Stadt herauszie- hen, die – zeitlich wie räumlich – aus ihr hinaustreten, um eine andere Perspektive einzunehmen. Jetzt, da das Projekt zu Ende geht, habe ich das umgekehrte Bild vor Augen: Die Türmer*innen gehen in die Stadt zurück und ich frage mich, was jeder und jede Einzelne aus der Türmerstunde mitnimmt und wieder in die Stadt zurückträgt. Joanne Leighton: Sicherlich jeder etwas völlig an- deres, aber ich glaube, dass viele Türmer*innen ihre physische Erfahrung in die Stadt hineintragen. Perfor- mativ gesehen geht es bei den Türmern darum, einen körperlichen Zustand herauszufordern. Einen Zustand, den man mit hinunternimmt in die Stadt. Mit diesem Zustand meine ich etwas rein Performatives: Ich begebe mich in etwas hinein, erfahre darin Präsenz, halte sie eine Stunde lang und gehe wieder heraus. Theater-Kultur | Theater Freiburg Die vermeintliche Immobilität während der Türmer- stunde verleitet mich zu der Frage – auch da wieder räumlich wie zeitlich –, was es heißt, physisch zu sein. Ich weiß allerdings nichts von der Realität der einzelnen Freiburger Türmer*innen, ich rede gerade von meiner persönlichen Erfahrung – als Performerin, Choreografin und als Türmerin. Anne Kersting: Ich würde gerne mit dir über die Idee von Zeit sprechen. DIE TÜRMER VON FREIBURG stellt zeitliche Parameter auf den Kopf. Die Türmerzei- ten richten sich nach Sonne und Mond und haben rein gar nichts mit der Taktung sonstiger kultureller Ange- bote in einer Stadt zu tun. Das Projekt, und da weichst du um keinen Tag, geht ein Jahr lang, keinen Tag mehr, keinen Tag weniger. Das macht 730 Türmerplätze. Hat das mit einem Anspruch an Exklusivität zu tun? Joanne Leighton: Das stimmt, 365 Tage, ohne Ver- längerung. Ich denke, dass es sehr wichtig ist, dass das Projekt endet, mit allem, was zu einem Ende gehört. Der Turm kommt wieder runter, das Material – das Holz Anne KerstingJoanne Leighton055 des Turmes – wird an andere Menschen weitergegeben, die wiederum etwas Neues damit schaffen. Eine Perfor- mance hat übrigens auch meistens ein klares Ende. Für mich hat das Türmerprojekt wenig mit Dauer zu tun, sondern mit einer anderen Zeitordnung, denn in einem Jahr stecken noch ganz andere Zeitfenster: 365 Tage, 4 Jahreszeiten, 12 Monate, so und so viele Wochen; die Parameter sind da variabel. Aber unabhängig von der Dauer dreht sich das Projekt primär um Präsenz, um Gegenwart im Hier und Jetzt. Das ist das Prinzip einer jeden Performance, denn sobald du sie vollziehst, verschwindet sie gleichzeitig. Keine Dokumentation, keine Spur der Welt ersetzt die Performance, das Do- kument ist nur ein Archiv. Deshalb ist es mir wichtig, diesem Projekt ein klares Ende zu setzen. Es geht ums Verschwinden, wie in jeder Performance. Jede Ver- längerung, jede Wiederholung hätte was Künstliches. Und zum Thema Exklusivität … Sicherlich, es gibt 730 Türmerplätze. Das ist gesetzt, ja, das gehört dazu. Aber was wir nicht antizipieren oder lenken können, ist die Konstellation, die sich aus den 730 Türmer*innen und den Begleiter*innen ergibt, die Gruppe, die sich bildet, die entstehenden Dynamiken, die verschiedenen Ge- schichten und Biografien, die das Projekt versammelt. Das haben wir nicht in der Hand. Wir zwei sprechen viel über Bewegung, aber die vielen Verschiebungen und Differenzen, die durch 730 Menschen entstehen, die erzählen viel über Beweglichkeit. Anne Kersting: Wir sitzen gerade zusammen, am 18. April 2016, zufällig genau zwei Monate vor dem Ende des Projekts. Antizipierst du Spuren, Fiktionen, Geschich- ten für die Zeit nach DIE TÜRMER VON FREIBURG? Joanne Leighton: Der Begriff Fiktion bringt es auf den Punkt. Denn: Ja, man kann auch das Projekt als eine Manufaktur von Geschichten, von immer neuen Geschichten denken. Die darin vorkommenden Protagonist*innen sind nicht nur Türmer*innen, sie sind Bürger*innen. Wir sind immer noch damit beschäf- tigt, das Projekt in weiteren Städten aufzuführen, die Spuren hören nicht auf, und die Teilnahme an einem Türmerprojekt in einer anderen Stadt wäre eine weitere Erinnerung. Aber nochmal zum Begriff der Spuren: Es gibt sie, weil etwas geschehen ist, wir sind mitten in den Parametern von Live Art. Anne Kersting: Womit wir beim Thema wären: Erin- nerst du dich an deine eigene Freiburger Türmerstunde? Joanne Leighton: Sicher, und ich erinnere sie stark im Zusammenhang mit den anderen Türmerstunden in den anderen Städten. Meine Türmerstunde hier in Frei- burg stand aber hauptsächlich im Zusammenhang mit dem Fußweg, den ich vor einem Jahr zurückgelegt habe, zwischen Belfort und Freiburg, um damals das Projekt zu eröffnen. Das Gehen von einer Stadt zur anderen, das Gehen in der Stadt im Verhältnis zum Stillstand wäh- rend der Türmerstunde, das erinnere ich sehr klar. Und an die Uhrzeit meiner Türmerstunde; es war früh am Morgen, furchtbar früh an einem Sonntag, und die Stadt wachte auf. Das Gespräch führten die Kuratorin Anne Kersting und die Choreografin Joanne Leighton im April 2016.056057 Theater Freiburg www.theater.freiburg.de Bertoldstraße 46, 79098 Freiburg T: +49 (761) 201 28 53 Theater-Kultur | Theater Freiburg Die Türmer-Publikation ist beim BZ-Kartenservice, Kaiser-Joseph-Straße 229, und bei der Theaterkasse am Theater Freiburg, Bertoldstr. 46, für 5 Euro zu erhalten. Ich finde Gefallen daran, den östlichen Holz- vorbau als Bildausschnitt zu nehmen und Fotos zu machen, nur in Gedanken und für mich. In Erinnerung bleiben wird mir jenes mit dem hellgrünen, beblätterten Baum und dem Rot des Regenschirms der Dame, die im plötzlich einsetzenden Regen das Trockene suchte. Je dunkler es wurde, desto häufiger trafen sich unsere Blicke. Und das hat mich unerwartet tief berührt. Wie nah und vertraut fremde und weit entfernte Men- schen sein können. Vogelgezwitscher, das von Glockengeläut übertönt wird, Straßenkehrmaschinen und die Straßenbahn. Der Himmel verändert sich kontinuierlich, die grauen flockigen Wolken werden rosagrau und lösen sich langsam auf, unaufhaltsam. Auf dem Dach so viele Häuser und Menschen sehen, alle unbekannt, alle verschlossen oder unterwegs. Wie schön es war, als eine stehenblieb, die ich kannte, kenne, liebe … 18.10 Ein blinder Mann verirrt sich vor der Baustelle. Eine Frau mit blauen Haaren führt ihn heraus. 18.20 Rektor Schiewer verlässt die neue UB nach der feierlichen Eröffnung. 18.30 Ein Rockkonzert mit Schlagzeugmusik beginnt. 18.31 Ein junger Mann mit blauen Haaren läuft vorbei. 18.32 Schönste Sonnenuntergangswolken. Die Bilder kommen zu mir, ich muss sie nicht suchen. Der Vater einer bunt gekleideten Familie mit kleinen Kindern ruft ganz laut „Türmer”, sodass es bis zu mir durchdringt. Überhaupt, die vielen Stadtgeräusche, die ich sonst gar nicht so wahrnehme, mischen sich zur eigenen Melodie. Lauter Leben. Erstaunlich geregelt, wunderbar eigen, beeindruckend choreografiert, Timing perfekt. Jede und jeder mit den je eigenen Geschichten, der eigenen Vergangenheit, der eigenen Zukunft. Auch auf dem Münsterturm brennt ein Licht. Inte- ressante Vorstellung: Gibt es da vielleicht auch einen Türmer? Steht da jemand, genau wie ich, mitten im Geschehen und doch weit darüber? Wir könnten uns Morsezeichen schicken, wären miteinander verbun- den durch unsere Position und durch unser Alleinsein. Wir zwei Königskinder, die einander nicht erreichen können. Was für ein Stoff für eine tragische Romanze! Und die Fahrradfahrer stürmten so schnell vorbei wie am Himmel die Wolken. Wie die Zeit vergeht … von WG-Zeiten im Studium bis heute … Da über der Apotheke war die Praxis von Bertram. Ein Jahr ist es her, seit er tot ist. Die Farben Richtung Stadt, die manchmal so klein wirkte … So beschaulich und in den Wald gequetscht – von tagesbunthell über zauberrosaorangerot zu abendblaugrau im Dreisamtal. Danke für die Gesellschaft. Es war schön, euch zu sehen. Spannend, wie immer mehr kommen. „Meine” Freiburger. So fühlt es sich an. Ich passe auf sie auf. Schräg, aber so fühlt es sich an. Eine Dreiviertelstunde vergeht, und keiner schaut nach oben. Wieso bin ich denn so früh aufgestanden und hab mir sogar die engen Stützstrümpfe angezo- gen, damit ich so lange stehen kann? Wieso zahle ich für das teure Parkhaus? Ich bin etwas irritiert. Zehn Minuten vor Schluss guckt eine Frau kurz hoch. Spielverderber!, denke ich. – Ich will gar nicht mehr, dass jetzt noch jemand hochguckt! Sie schaut weg und nochmal hoch. Ich verfolge sie mit meinem Blick. Sie scheint es zu bemerken. Die Erhabenheit der verheißungsvollen Farbe der Ferne nimmt mich immer wieder ein. Das sind wohl Sehnsuchtsorte. Umgestürzte Fahrräder, durch die Luft wirbelnde Plastiktüten, Menschen mit wehendem Haar und wehenden Mänteln, hochgeklappten Mantelkrägen und Kapuzen – viele Blicke gehen nach unten, nicht nur von mir. Mit Abstand betrachte ich heute den Rhythmus der Stadt, wohlwissend, dass es sonst auch meiner ist. Zuerst war da die Stadt. Und ich im Turm. Beide noch im Halbschlaf. Die Sonne hat nach und nach die Wolken verdrängt. Die Wolken, die über den Bergen lagen und sich wie Zuckerwatte gezogen haben. Je heller es wurde, desto weniger war die Stadt nur noch die Stadt. Sie war auch: die ersten Menschen, die früh aufstehen, in ihrer Wohnung Licht anschalten, mit dem Fahrrad zur Arbeit fah- ren, aus der Bahn steigen, rauchend die Straße entlanglaufen. Mich beobachten. Ich habe mich einmal verliebt. Alles andere behalte ich für mich.Next >