< PreviousWir sprechen mit der Goldschmiedin Vivien Reig-Atmer, die vor zehn Jahren den Zusammenschluss von Händlern und Kreativen in Pempelfort unter dem Namen „Perlfisch“ gegründet hat, über die Veränderung der Innenstädte und Fußgängerzonen, über die Online-Couch-Potato-Käufer und die Zukunft individueller, inhabergeführter Läden. Lust auf gute Stadtteil-Kultur. Wie kam es damals zu der Idee, sich mit anderen Künstlern, Ladenbesitzern und Geschäftsleuten zusammenzusetzen und das Netzwerk „Perlfisch“ zu gründen? Mir war aufgefallen, dass wir „kleinen“ Händler oder Künstler – jeder auf seine Art – versuchen, etwas auf die Beine zu stellen, um auf uns aufmerksam zu machen und Menschen für unsere Kunst oder Produkte zu begeistern, z. B. Ausstellungen planen und Aktionen umsetzen etc. Vor elf Jahren hatte ich dann die Vor- stellung, dass es doch viel schöner wäre, wenn wir unsere Kräfte, Energien und Ideen bündeln würden. Auch wäre es für die Besucher doch viel spannender, direkte Einblicke in Ateliers, Geschäfte und Lokalitäten zu haben. Die kleinen Läden und versteckten Orte betritt man ja nicht immer so einfach, aber wenn sie dann einmal alle zu einem Zeitpunkt geöffnet sind, fällt es leichter, die Schwellenangst zu überwinden. Eine offene Tür ist einladender. Als ich damals Sonja Pfingst-Bischoff und Regina Heider dazu ansprach, waren sie sofort begeistert. Und im folgenden Jahr fanden sich sofort noch mehr Teilnehmer und „Perlfisch“ war geboren. Was macht in deinen Augen die Attraktivität von Pempelfort aus? Die Nordstraße ist schon immer eine gut durchwachsene Einkaufsstraße gewesen und – nicht ganz, aber fast – sie hat es geschafft, es auch zu bleiben. Auch in den Seitenstraßen sind noch kleine, inhabergeführte Läden, Cafés und Restaurants. Man kann durch das Viertel streifen und vieles entdecken. Es gibt hier nicht nur das Schöne zu kaufen, sondern auch das Praktische und Notwendige. Das zieht viele Leute an. Hier lebt man ohne lange Wege und das macht es auch sehr dörflich und menschlich. Dies zieht auch gerade kreative Menschen an. Zudem haben wir direkt nebenan Museen, den Rhein und den Hofgarten – die Mischung stimmt einfach. Was sagst du zu der Ansicht vieler, dass das Kaufverhalten ja mehr als zuvor aus online fixierten Couch-Potatoes besteht? Zugegeben, glaub ich nur bedingt daran. Das Internet verändert – ganz klar – und vielleicht wird es auch noch krasser, aber schluss- endlich glaube ich, es wird sich auch wieder relativieren. Denn irgendwann werden die Menschen begreifen, dass es Stadtteil-Kultur | Interview Vivien Reig-Atmer, Perlfisch 60einsam macht, dass das Erfolgserlebnis eines Einkaufes nicht im „Klick“ besteht, sondern im Erleben, Fühlen und dem Austausch mit Menschen. Vielleicht ist das unsere große Chance. Die Chance, die wir „Kleinen“ bedienen können. Wir kommunizieren mit unseren Kunden, fertigen extra etwas für sie an oder verändern Vorhandenes. Es entstehen Gespräche und Kontakte, die sich manchmal über einen längren Zeitraum intensivieren – es entsteht eine Lebendigkeit. Und das ist es, was wir Menschen brauchen. Jeder hat es in der Hand, wie sich die Innenstädte verändern. Wenn wir bejammern, dass es dort langweiliger wird, dann sollten wir uns an die eigene Nase packen und einfach wieder in die Stadt gehen und dort bei den kleinen, inhabergeführten Läden kaufen. Runter vom Sofa und rein in das Leben und es entdecken. Der Trend des „Geiz ist geil“ ist seit einiger Zeit ja kein ange- sagter Trend mehr. Es wird mehr Wert auf Qualität und Nach- haltigkeit gelegt. Macht sich der Wertewandel also auch bei euch bemerkbar? Es war nur ein Trend und das auch nicht bei allen Menschen und in allen Bereichen. Und ich hab ihm nie ein langes Leben gegeben. Denn im Grunde unseres Herzens wollen wir alle etwas mit Bestand haben und damit leben. Das geht nur sehr bedingt mit „Geiz ist geil“ – eigentlich gar nicht … Wir bieten Unikate, individuelle Produkte, Schmuckstücke und Anfertigungen – das hat immer Bestand und überlebt Trends. Hohe Mieten und der Preiskampf – bedroht dies auch den ein oder anderen „Perlfisch“? Wie kann man sich in dieser Lage noch ein Atelier oder einen Geschäftsraum leisten? Heute sind Vermieter oft nicht mehr Personen, sondern Gesell- schaften und die wollen Rendite. Denen ist egal, was aus dem Leben eines Stadtteils wird. Früher haben die Eigentümer noch selber in den Stadtteilen gelebt und sich verantwortlich gefühlt. Es wird also schwieriger – klar, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass es immer kleine „Perlen“ gibt, die man finden kann und mit Leben erfüllt. Diese Luxusbebauungen machen die Städte kaputt, leider. Aber noch geht es hier und wir machen weiter. Erfolg ist ein hartes Brot – was für Strategien für deine Werk- statt und dein Geschäft in der Parkstraße, dein Handwerk hast du? Hast du eine große Stammkundschaft? Ja, ich habe tolle Stammkunden und ich mache meinen Schmuck nun ja auch schon seit 27 Jahren. Ich gehe auf kleine Messen und Ausstellungen, die ich manchmal auch selber organisiere. Unter anderem einmal im Jahr mit meiner Mutter, Christine Atmer de Reig – sie ist seit fast 60 Jahren Keramikerin – in ihrem Atelier in Mettmann. Diese Ausstellungen waren auch mein Startschuss und sie haben mir sehr geholfen, waren also auch schon eine „Übung“ für „Perlfisch“. Meine Strategie ist „Weitermachen“. Das zu machen, was ich vertreten kann, mir treu bleiben und mich nicht verbiegen. Denn ich glaube, das ist sehr wichtig und das ist es, was die Kunden, die zu mir kommen, auch zu schätzen wissen. Eine eigene Hand- schrift zu haben, ohne das Umfeld, die Moden zu ignorieren. Für wann ist das nächste „Perlfischwochenende“ geplant? Wie viele von euch machen mit? Der Termin für den diesjährigen„ Perlfisch“ wird sehr wahrscheinlich das letzte Wochenende im Oktober sein, also vom 28.10. bis 30.10. Wir beginnen gerade mit der Planung und es werden auch wieder viele spannende „Perlfische“ dabei sein. Vorschnuppern kann man auf www.perlfisch.de Vielen Dank für das Gespräch, liebe Vivien. „Perlfisch“ ist ein Zusammenschluss von Händlern und Kreativen aus dem Düsseldorfer Stadtteil Pempelfort. Jedes Jahr wird zum „Perlfischwochenende“ eingeladen, um einen näheren Einblick zu gewähren. 61Vintage Fabrik, Tabitha Gopp, www.vintage-fabrik.de Haberland Art.Antiques, Heinke Haberland, www.haberland-antiques.deUnikatschmuck Vivien Reig-Atmer, www.vivien-reig-atmer.de Stadtteil-Kultur | Perlfisch Pempelfort Perlfisch Pempelfort, www.perlfisch.de, Vivien Reig-Atmer, +49 (211) 4543438silent landscapes 150 St. 1, Fine Art 146 x 220 cm, © Thomas Schüpping 64Foto- und Kunst-Kultur | Thomas Schüpping Thomas Schüpping Fotografie I Malerei www.thomas8.com www.schuepping.de Jürgensplatz 72 40219 Düsseldorf T: ++49 (211) 35 03 13 Zu Thomas Schüpping: Thomas Schüpping hat sich ursprünglich der Malerei gewidmet und sich in den letzten zwei Jahrzehnten weltweit einen Namen als Fotograf gemacht. Seit dem Jahr 2000 geht er auf Fotoreisen, u. a. in der Mojave-Wüste in Kalifornien. 2014 veröffentlicht er dazu den Kunstbildband „ZZYZX“, erschienen im Distanz Verlag. Seit 2013 widmet er sich neben der Foto- grafie auch wieder intensiv der Malerei. ZZYZX Simplicity-Beauty, Sensuality, Melancholy, Poetry. August 2014 – Distanz Verlag/www.distanz.de 126 Seiten, hardcover/Deutsch/Englisch ISBN: 978-3-95476-071-8/€ 49,90 65paintings death valley I, oil on canvas, 160 x 220 cm, © Thomas Schüpping 66Thomas Schüpping Fotografie I Malerei www.thomas8.com Jürgensplatz 72 40219 Düsseldorf T: +49 (211) 35 03 13 Foto- und Kunst-Kultur | Thomas Schüpping 67zuhören sehen entwickeln konstruierenEinrichtungs-Kultur | Achim Jasper Konstruktionen Achim Jasper Konstruktionen Exklusive Inneneinrichtungen www.jasper-k.de Bachstraße 46 40217 Düsseldorf T: +49 (211) 32 56 78 info@jasper-k.deNext >